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„Auch das Halten einer Stellung ist ein Erfolg“
Porträtserie zum 75. Geburtstag von Egon Wochatz. Dritter und letzter Teil: Die Wohnungsnot ist erstes großes Problem des Bürgermeisters

Er habe jetzt dafür zu sorgen, dass der Laden läuft. Das war einer der ersten Gedanken, als Egon Wochatz am 1. Juni 1990 um 7 Uhr seinen Dienst als Stadtoberhaupt Sprembergs antritt. Da der Beruf des Bürgermeisters kein Ausbildungsberuf ist, muss auch Wochatz zunächst schauen, was jetzt zu machen ist. Dass die Verwaltung weiß, was zu tun ist, davon geht er aus. „Das Tagesgeschäft war somit klar“, sagt Egon Wochatz, der den Blick auf die Hauptprobleme der Stadt lenkt.

Wohnungsnot

Das Hauptproblem im Jahr 1990: die Wohnungsnot. Egon Wochatz lebt als Bürgermeister selbst in einer kleinen Dienstwohnung seiner zweiten Frau mit ihr und deren zwei Kindern zusammen. Da Spremberg bis Ende der 60er Jahre Bergbauschutzgebiet und somit von der Abbaggerung bedroht gewesen ist, werden nicht ausreichend neue Wohnungen gebaut.
Ein Blick aus dem Rathausfenster offenbart ein zweites Problem der Stadt. Bis auf drei Objekte hat der Marktplatz den Krieg nicht überstanden. Viele Häuser sind dem Boden gleichgemacht. Seit dem Krieg bis zum Amtsantritt von Egon Wochatz hat sich daran nicht viel geändert. Egon Wochatz sagt, dass dies aber nicht daran liegt, dass seine Vorgänger einen Aufbau des Marktplatzes nicht gewollt hätten. Die wollten schon. „Die Baukapazität der DDR reichte nicht für alle notwendigen Projekte und welches Projekt gefördert wird, ist in Berlin oder Cottbus festgelegt worden“, sagt Egon Wochatz.

Der Hausmeister

Am 11.11.1991 wird aus dem Bürger- ein Hausmeister. Egon Wochatz lässt es sich bei der Wiedereinführung der Karnevaltradition in der Stadt nicht nehmen, als Hausmeister des Rathauses aufzutreten. Auf dem Kittel, den er trägt, steht: „Rathaus GmbH“ und in der Hand hält Wochatz einen Werkzeugkasten, als er erstmalig den Rathausschlüssel in die Narrenhände gibt.

Bürgermeisterwahl
Grund zur Freude gibt es für Egon Wochatz auch im Jahr 1993 - und das in zweierlei Hinsicht. In diesem Jahr wird Sprembergs Innenstadt zu einer großen Baustelle. Überall wird gebuddelt. Doch eine Buddelei hat ein Ende. Im Sommer zum Heimatfest wird die Fertigstellung der Langen Straße gefeiert. Die Spremberger sehen, dass es vowärts geht.
Im Dezember 1993 wird Egon mit absoluter Mehrheit zum alten neuen Bürgermeister für acht Jahre von den Sprembergern gewählt.

Das Ärgernis

Das Jahr 1993 verbindet Egon Wochatz aber auch mit einem großen politischen Verlust, über den er sich heute noch ärgert: Spremberg verliert den Titel der Kreisstadt, den nun die Rosenstadt Forst tragen darf. Immer wenn der Landrat Spremberg aus Forst kommend besucht, begrüßt ihn der Spremberger Bürgermeister mit den Worten „Willkommen in der heimlichen Hauptstadt des Spree-Neiße-Kreises“.
Für Egon Wochatz ist es wichtig, dass die Spremberger stolz auf ihre Stadt sind. „Ich wollte bei der Bevölkerung ein neues Gemeinschaftsbewusstsein unter dem Motto ,Wir Spremberger’ entwickeln“, sagt Egon Wochatz. Vor allem der geistig- kulturelle Bereich, auch der sportliche und soziale, sollen im Mittelpunkt stehen. Heute ist Wochatz stolz auf das Vereinsleben in der Stadt.

Das Ausscheiden

Als Wahlbeamter endet mit dem 65. Lebensjahr für Egon Wochatz im Mai 2002 die Zeit als Bürgermeister. Wochatz sagt: „Ich bin zufrieden und dankbar, dass ich mittun durfte, die Chancen der neuen Zeit für die Entwicklung meiner Heimatstadt zu nutzen. Das tue ich heute noch nach meinen Möglichkeiten“. Egon Wochatz ist Mitglied in der Stadtverordnetenversammlung, des Kreistages, von zahlreichen Vereinen, sowie Vorsitzender des Fremdenverkehrsvereins, der Seniorenunion und des Georgenbergsvereins.

Der Rückblick

Stolz ist Egon Wochatz auch darauf, dass die Chancen in Spremberg für die wirtschaftliche Entwicklung genutzt worden sind und dass Spremberg einen Preis für den Aufbau der Innenstadt bekommen hat. Froh ist er auch über den Erhalt des Krankenhauses. Dass dieses in eine GmbH umgewandelt werden konnte, bei der zu 51 Prozent der Förderverein Krankenhaus Spremberg e.V. und zu 49 Prozent die Stadt Spremberg Gesellschafter sind, sieht Wochatz im deutschsprachigen Raum als einzigartig an.

Seine Wünsche

Egon Wochatz wohnt nur einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt. Eines Tages, so hofft er, könnten hier Züge bei einer Station einer Märkischen Dichterstraße Halt machen. Dann könnten Bildungsinteressierte nicht nur auf den Spuren Strittmatters, sondern auch zahlreicher anderer Künstler wie ­Renate Krüger, die kulturhistorische Romane schreibt, wandeln.
Für Spremberg hat er vor allem einen Wunsch: „Die Stellung halten. Auch das Halten einer Stellung ist ein Erfolg“.
Und dort wo es geht, ergänzt er, sollten erreichte Stellungen auch ausgebaut werden.

Teil 1 der Porträtserie

Teil 2 der Porträtserie

Egon Wochatz steht in seiner Wohnung vor einer Waldohreule. Die Eule als Tier der Weisheit ist das Lieblingstier des Sprembergers, der sagt, dass er als Nachtschwärmer auch ein wenig wie eine Eule ist 	Foto: M.K.

Egon Wochatz steht in seiner Wohnung vor einer Waldohreule. Die Eule als Tier der Weisheit ist das Lieblingstier des Sprembergers, der sagt, dass er als Nachtschwärmer auch ein wenig wie eine Eule ist Foto: M.K.

 

Steckbrief
Lieblingstier:
Die Eule
Lieblingssport:
Fußball
Lieblingsmusik:
Mozart und deutsche Volks- und Studentenlieder
Lieblingsfilm:
Lumpaci Vagabundus
mit Heinz Rühmann

Lieblingsreiseziel:
Schlesien
Lieblingsbuch:
„Im Westen nichts Neues“ von
Erich Maria Remarque und „Ole Bienkopp“ von Erwin Strittmatter

Lieblingsort:
Spremberger Bismarckturm
Lieblingshobby:
Kinder, Enkel & Kommunalpolitik
Lieblingspolitiker:
Otto von Bismarck,
Friedrich II, Konrad Adenauer

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