Folgen: aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

„So wie ich bin, werde ich auch in Berlin bleiben“
Brandenburgs CDU Vorsitzender Prof. Dr. Michael Schierack und
Sprembergs Bürgermeister Dr. Klaus-Peter Schulze im Wahl-Interview

Region (mk). Am 22. September haben die Cottbuser und die Einwohner des Landkreises Spree-Neiße die Wahl. Wer soll die Region im Bundestag vertreten? Im Rahmen seiner jährlichen Sommertour war der CDU-Landesvorsitzende Prof. Dr. Michael Schierack zusammen mit dem Bundestagskandidaten Dr. Klaus-Peter Schulze zu Gast bei Ihrer Lausitzer Heimatzeitung. Wie sie die Zukunft der Region sehen, erklärten sie im Interview.
Wahlzeit ist Zeit von Versprechen. Manche locken auf Plakaten mit Grundeinkommen. Was ist Ihr Köder?
K.-P. Schulze: Ich mache das vielleicht ein bisschen anders als meine Kollegen und habe ganz konkrete Themen benannt.
Eisenhydroxidbelastung der Spree, Kommunalfinanzen, Energiewende und Hochschulen erhalten. Hinzu kommt die Ortsumfahrung Cottbus und die B169 von Cottbus nach Senftenberg.
Im Gegensatz zu anderen benennen Sie rein lokale Themen. Ist das für Berlin nicht zu kurz gesprungen?
K.-P. Schulze:
Ich vertrete den Standpunkt, dass ich mich als Kommunal- oder Bundespolitiker mit der Region identifizieren muss.
M. Schierack: Wir gehen nicht umsonst in die Ortsteile. Klar, die Menschen interessieren sich für Weltfrieden und Volkswirtschaft, aber sie wollen auch ganz konkret wissen: Wann wird die Straße gebaut? Wie sicher ist die Stadt? Wenn Sie das als Politiker nicht erlebbar machen, sind Sie nicht glaubwürdig.
Herr Schulze, im Internet zeigen Sie sich am Kochtopf, veröffentlichen Adresse und Handynummer. Haben Sie keine Angst vor zu viel Nähe?
K.-P. Schulze:
Wenn ich in Spremberg die Lange Straße entlang gehe und der Bürger wechselt die Straßenseite, muss ich überlegen, was ich falsch gemacht habe. Nur mit engem Kontakt gelingt Vertrauen. So wie ich bin, werde ich deshalb auch in Berlin bleiben.
Zum Kochtopf-Foto. Was kochen Sie denn?
K.-P. Schulze: Ich bin ja in einem Gaststättenhaushalt groß geworden. Da gibt es spezielle Sachen, die nur ich zu Hause machen kann.
Solche Spezialitäten wären?
K.-P. Schulze: Frikassee, gebundene Ochsenschwanzsuppe. Meine Stärke sind Fischgerichte. Einmal im Monat versuche ich, für die Familie zu kochen.
Neulich erzählte ein gebürtigen Forster, der in Magdeburg lebt, dass er nur deshalb nicht an die Neiße zurückkehrt, weil ihm hier die ärztliche Versorgung zu schlecht ist. Können Sie ihn verstehen?
M. Schierack: Die Arztdichte ist in Cottbus super.
K.-P. Schulze: In Cottbus!
M. Schierack: Selbst ein Forster hat innerhalb von zwanzig Minuten, wenn er hier nach Cottbus fährt, die beste ärztliche Versorgung.
K.-P. Schulze: Ich bin da ein bisschen anderer Meinung. Wir brauchen eine ärztliche Grundversorgung im flachen Land, und die ist im Augenblick nicht zu 100 Prozent gewährleistet.
M. Schierack: Da stimme ich zu. Man kann nur nicht Magdeburg mit Forst vergleichen. Mit Spezialisten ist Cottbus gut versorgt.
Wie bekommen Sie die Ärzte auf das Land?
K.-P. Schulze: Da ist schon was auf der Strecke. Wir haben etwa eine Vereinbarung zwischen dem Spremberger Gymnasium und dem Spremberger Krankenhaus. Der Schüler kann dort Praktikum machen, und später als Student erhält er ein Stipendium, wenn er seine Assistentenzeit auch in Spremberg verbringt. Kurz, das Land muss was mit Stipendien tun, aber auch jedes Krankenhaus vor Ort muss selber was in die Hand nehmen.
Sie sind Gegner der Uni-Fusion. Was werfen sie der Landesregierung vor?
K.-P. Schulze:
Wenn nicht klar ist, wie es weiter geht, belastet das die Arbeit. Das ist mein Vorwurf. Das Fusions-Gesetz ist am 1. Juli in Kraft getreten. Aber die Umsetzung von Personal- oder Sachfragen - da erkenne ich gar nichts. Wir haben 1993 eine Kreisreform gemacht, da haben wir zwei Jahre vorneweg Arbeitsgruppen gebildet, und als die Reform kam, waren die Ämter arbeitsfähig. Den Eindruck habe ich bei der fusionierten BTU nicht.
M. Schierack. Aber auch die Intention dieser Fusion ist, milde gesagt, zu hinterfragen. Durch das Zusammenwürfeln sehe ich die Gefahr, dass beim Landeshaushalt die Frage aufgeworfen wird, warum eine Uni drei Standorte braucht.
Heißt die Frage hier also: Cottbus oder Senftenberg?
M. Schierack:
Erst mal scheint Sachsendorf vakant. Wie ich so in den Überlegungen höre, ist der Standort bereits gedanklich leer gezogen.
K.-P. Schulze: Und im Kontext: Vor drei Wochen war der stellvertretende Ministerpräsident Helmuth Markov an der Universität Potsdam und hat dort in einer Rede geäußert, dass die Ausbildung der Studenten in Brandenburg zu teuer ist und gefragt, ob wir überhaupt so viele Studienplätze brauchen. Das ist aus meiner Sicht die Richtung in die es gehen soll. Abbau von Studienplätzen. Wer sparen muss, sollte so ehrlich sein zu sagen: Ich kann mir nicht drei Standorte leisten. Es gibt dann nur noch zwei und in zehn Jahren nur noch Cottbus.
M. Schierack: Die ganze Fusion wird, wie der BER, noch eine Bruchlandung. Diesmal direkt vor unserer Haustür.
Handwerker beklagen Unwissen der Lehrlinge. Muss sich die Schule ändern?
K.-P. Schulze:
Pro Einwohner gibt das Land Brandenburg 580 Euro für Bildung aus. In den anderen ostdeutschen Flächenländern sind es 790 Euro. Wir müssen die Kinder besser auf die Berufe vorbereiten.
Wo hakt es denn?
M. Schierack:
Ich meine, die Kompetenz und die Autorität der Lehrer darf nicht angetastet werden. Dieses niederschwellige auf den Lehrer Einhacken darf nicht sein. Wenn Kinder über Lehrer „klagen“, sollten Eltern die Schule stärken - und sich gegebenenfalls mit dem Lehrer allein unterhalten. Dann: Wir hatten 17 (!) Gesetzesänderungen beim Schulgesetz in 20 Jahren in Brandenburg. Immer andere Konzepte. Lehrer sind verunsichert. Nicht ein Konzept wird durchgezogen. Die Lehrer hören schon nicht mehr zu, weil es im nächsten Jahr schon wieder anders kommen könnte. Schulfrieden ist ein ganz wichtiges Thema. Jetzt kommt noch Inklusion. Nicht ausfinanziert. Die Lehrer ha-ben massive Angst, dass schwererziehbare Kinder in ihre Klassen kommen. Auch die Vertretungsreserve ist nicht geregelt.
Letzte Frage, Herr Schulze: Sie wollen die ländlichen Gebiete nicht veröden lassen. Was heißt das?
K.-P. Schulze: Es gibt Gebiete im Landkreis, wie etwa einige Neißedörfer südlich von Forst, wo es nicht so gut aussieht. Die Politik, ganz gleich ob regionale oder eben Bundespolitik, kann kein Konzept fahren, diese Gegenden zu Wüste verfallen zu lassen. Wir müssen versuchen, Wertschöpfung im Land voranzubringen. Die Schokoladenfabrik in Hornow ist da ein gutes Beispiel. Solch kleine und mittelständische Unternehmen müssen wir im ländlichen Raum binden.
Das Gespräch führte Mathias Klinkmüller


Für den Märkischen Boten ist Mathias Klinkmüller im Gespräch mit dem CDU-Landesvorsitzenden Prof. Dr. Michael Schierack und Sprembergs Bürgermeister Dr. Klaus-Peter Schulze, der für den Deutschen Bundestag kandidiert (v.r.n.l.)
Foto: J. Heinrich

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