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Mit Nemo zum Utopic-Saisonfinale
Anmerkungen zu „20 000 Meilen unter dem Meer“ von J. Dvorak in Cottbus

Cottbus. Dieses Glutrot der Bühne soll den Adrenalinspiegel steigen lassen. Eine aufregende, unheimliche Geschichte in Meerblau steht dem Publikum bevor. Ein Utopical, eingeholt vom Heute und verwickelt in diesseitige Gewaltlust und Oberflächlichkeiten.
„20000 Meilen unter dem Meer“ ist eines der erfolgreichsten Bücher von Jules Verne (1828-1905, etwa 200 Romane und Erzählungen), das auch verfilmt wurde. Der Hamburger Komponist Jan Dvorak schuf aus der Vorlage ein Musical, das 2011 in Eisenach uraufgeführt und für seine zweite Station hier in Cottbus überarbeitet wurde. Die phantasiereiche U-Boot-Ausstattung samt Kostümen brachte der mehrfach preisgekrönte Venezuelaner José Luna mit nach Cottbus - als eigentliche Attraktion der Aufführung. Wegen des aufwändigen Bildes läuft das Stück en suite in der ersten Staffel noch bis heute abend, dann wieder in sieben Vorstellungen ab 29. August.
Die Musik unter dem Stab von Marc Niemann hat schwungvolle Passagen, die uns Kinostimmung suggerieren, und in der Tat öffnet sich bisweilen das große Panoramafenster des Jugendstil-Saales eines pompösen Traum-Tiefseeschiffs, und wundersame Meereswesen schwimmen per Video durch die Szene. Die verläuft dramatisch.
Wie im Roman, führt Professor Aronnax (überzeugend Heiko Walter) in das Rätsel zwischen Ungeheuer und Technik-Wunder ein, um sich nach Schiffbruch selbst im Bauch des Bootes und der Gewalt des einem modernen Terroristen nicht unähnlichen Weltfeindes Nemo (Andreas Jäpel) zu befinden. Beide Figuren sind schön angelegt und von der Regie (Thomas Fiedler) angemessen herausgearbeitet. Sie tragen die Handlung, die niemals in Gefahr musical-üblicher Sentimentalität gerät. Dazu fehlen ihr zwei Dinge: Vor allem musikalische Themen, aus denen sich wenigstens einige gefühlsstarke Lieder entwickeln könnten, und zweitens die emotional angelegten Figuren. Dvoraks Idee, eine hübsche Nemo-Tochter zu erfinden, wäre genial zu nennen, wenn er sie nicht in einer nur dekorativen Nebenrolle beließe. Wie es zur Verliebtheit zwischen Ned (einem schön ge- sungenen Harpunier von Hardy Brachmann) und der Suri von Debra Stanley kommt, bleibt immer ein Rätsel. Flach auch die übrigen Figuren, nur Gesine Forberger hat als Maat das Glück, wenigstens in einem Lied („Volle Fahrt“) zu gefallen.
Trotz aller Schwächen - diese schrille U-Boot-Story hat enorme Show-Effekte und lässt sich ansehen. Heute oder dann nach den Ferien. J. Heinrich



Jules Verne eine Woche lang auf der Cottbuser Theaterbühne! Kapitän Nemo (Andreas Jäpel) steuert in abenteuerliche Tiefen, das Ensemble singt sich in schrille Höhen. Viel Show, nicht so viel Musical...
Foto: M.Kross

 

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