Folgen: aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Brechts Parabel im Spreewaldtunnel
Mario Holetzeck probiert „den guten Menschen“ mitten im Großstadttrubel

Cottbus. Brecht reduziert auf das Dialektische. Wem nützt es? Was kommt wann - Fressen oder Moral? Holetzeck vereinfacht weiter, reduziert das Ensemble, die Ausstattung. Aber dafür geht er rein in diese Stadt. Filmisch zum Altmarkt, in den Spreewaldtunnel. Die Göttersuche nach Gutem findet hier statt, hier vor des Theaters Tür. Aber die anfassbare Nähe macht den nackten Kapitalismus nicht besser. Wer Verlorenen hilft, ist selbst verloren. Dabei bleibt’s.
Diese Inszenierung hat nicht die Schroffheit, wie sie beispielsweise Schroth hier zelebrierte. Sie ist komödiantisch und ein wenig verspielt mit den oft nur lustigen Rollenwechseln.
„Der gute Mensch von Sezuan“ gehört zu den geradezu plakativen Schulstücken, die Brecht verfasste. Eine schlaue Parabel, der sich niemand entzieht. Die Welt ist schlecht von Grund auf und verdient den Spott der Gaukler, die hier mit ihrem Jahrmarktswagen auffahren. Großartige Leistungen sind im Ensemble zu erleben, spontane Wirkungen gelingen. Es ist, als könne die Welt nur so und nicht anders funktionieren. Versteh das doch, liebe kleine Shen Te. Laura Maria Hänsel stellt dieses Mädchen und deren erfundenen Vetter Shui Ta dar und liefert damit glanzvolles Theater. Schlicht und aufrichtig ist ihr Mädchen, zerrissen und dabei souverän die verstellte Rolle, in der Zweifel wächst ohne jede Überspannung. Ihr Gesang scheint aus direkter Nachdenklichkeit zu sprießen. So kann der Brecht auch sanft und trotzdem nicht eingeweicht daher kommen.
Die einfache Jahrmarktsbühne mit Tabakladenkiste haben der Regisseur und Gundula Martin erfunden, Hans Petith bringt die Musik dazu. Hoffentlich bleibt dieses Stück im Spielplan. Hnr.

Szenenfoto mit (rechts im Vordergrund): Laura Maria Hänsel als Shui Ta

Szenenfoto mit (rechts im Vordergrund):
Laura Maria Hänsel als Shui Ta
Foto: Marlies Kross


 

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