Region
(mk). Ob das Jahr 2013 für die BTU und die Hochschule Lausitz
ein frohes Jahr wird, steht in den Sternen - ein spannendes wird
es allemal. Bereits am 16. Januar tagt in Potsdam der Wissenschaftsausschuss
und am 23. oder 24. Januar der Landtag zum Fusions-Gesetzentwurf
der Landesregierung. BTU-Professor Dr. Daniel Baier setzt auf
des Volkes Stimme durch das Volksbegehren, das im Februar beginnen
soll. Mit der Lausitzer Heimatzeitung sprach er über das
Fusions-Thema.
Herr Dr. Baier, in den Wirtschaftsingenierwissenschaften der
BTU haben von sechs Professoren drei Cottbus aufgrund des Fusionsgesetzes
bereits den Rücken gekehrt. Ein vierter hat ebenfalls
einen Ruf bekommen. Warum sind Sie noch hier?
Prof. Dr. Baier: Dass die BTU-Professoren anderswo so beliebt
sind, zeigt doch gerade die Forschungsqualität hier in der
Lausitz. Das ist ja gerade das Ärgerliche.
Was meinen Sie?
Die Lausitzkommission behauptet in ihrem Gutachten, dass wir zu
wenig forschen und nicht wettbewerbsfähig sind. Dass in kürzester
Zeit die Hälfte unserer Professoren den Ruf einer anderen
Universität bekommen hat, ist hingegen ein Qualitätssignal.
Während das Gutachten an vielen Stellen nur unbelegte Behauptungen
aneinanderreiht, können wir unsere Feststellungen mit Zahlen
belegen.
Die wären?
Während im Bundesdurchschnitt pro Universitätsprofessor
in den Wirtschaftswissenschaften 65?000 Euro an Drittmittel eingeworben
werden, kommen die Cottbuser Wirtschaftswissenschaftler trotz
Randlage auf 130 000 Euro pro Professor.
Sie haben noch nicht darauf geantwortet, warum Sie hier geblieben
sind.
Auch ich hatte einen attraktiven Ruf bekommen, und zwar von der
Universität Bayreuth, diesen aber im Herbst 2010 - also unmittelbar
vor der Begehung durch die Lausitzkommission - abgelehnt.
Warum haben Sie nicht angenommen?
Ich komme aus Karlsruhe, fühle mich aber sehr wohl in der
Lausitz, die mich mit dem Sand und den Kiefern an die oberrheinische
Tiefebene erinnert. Cottbus mit seinen vielen Gaststätten
oder eine Radtour zum Spremberger Stausee möchte ich so schnell
nicht missen. Und das Wichtigste: die BTU ist eine hervorragende
Universität.
Warum stemmen Sie sich so gegen das Gutachten?
In meinem Bereich, BWL und Wirtschaftsingenieurwesen, waren die
meisten Gutachter fachfremd und kamen zudem mehrheitlich von Fachhochschulen.
Die Gutachter zeigten, soweit ich das beurteilen kann, keinerlei
Interesse, eine ordentliche Bestandsaufnahme zu machen. Sie stellten
keine Fragen, auf Fragen hatten Sie keine Antworten. Das Gutachten
hat nichts mit unserer Forschung und Lehre zu tun, es gibt dort
keine Fakten und Belege, sondern vor allem subjektive und falsche
Einschätzungen sowie unbelegte Behauptungen.
Haben Sie da ein Beispiel?
Nehmen wir wieder BWL und Wirtschaftsingenieurwesen. Beides Studiengänge,
die im bundesweiten Vergleich der CHE-Ranking seit Jahren sehr
gut bewertet werden. Wir ziehen deswegen viele sehr gute Studieninteressierte
aus ganz Deutschland an. Die Hörsäle sind voll. Die
Lehrbelastung der Kollegen ist seit Jahren die höchste an
der BTU und liegt auch im Bundesdurchschnitt an der Spitze. Trotzdem
steht im Gutachten zu diesem Bereich Die Lehrkapazitäten
sind nicht ausgelastet. Eine vollkommene Verdrehung der
Tatsachen, ein kompletter Unsinn.
Warum gehen Sie nicht gegen das Gutachten vor?
Wir sind sofort dagegen Sturm gelaufen und haben der Lausitzkommission
gleich im April 2012 eine Gegendarstellung gesandt. Aber die sind
weggetaucht und weigern sich, mit uns zu sprechen. Sie berufen
sich darauf, dass der Bericht bei der Ministerin liege und damit
ihre Aufgabe erledigt sei. Die Ministerin hingegen hat für
Gespräche wohl auch keine Zeit.
Ist eine Zusammenlegung von Ressourcen nicht sinnvoll?
Aufgrund des Gutachtens der Lausitzkommission sollen gerade die
Studiengänge zusammengelegt werden, die an beiden Hochschulen
am stärksten ausgelastet sind - das ist doch Wahnsinn! Wenn
die Hörsäle voll sind, sind sie voll. Außerdem
sind bisher alle Versuche gescheitert, fachhochschulische und
universitäre Studiengänge zusammenzulegen. Wir selbst
verfügen dazu über langjährige negative Erfahrungen.
So hatten wir einen solchen gemeinsamen Studiengang Technologie-
und Innovationsmanagement mit der Fachhochschule Brandenburg gestartet,
mussten ihn jetzt aber schließen.
Woran lag es?
Es ist uns nicht gelungen, FHL-Studis an die universitären
Studienanforderungen heranzuführen. Sie kamen mit der abstrakten
Wissensvermittlung einfach nicht zurecht. Sie lagen in allen Veranstaltungen
im hinteren Leistungsdrittel, die Durchfaller- und Abbrecherquoten
waren extrem hoch.
Also eine Wissensfrage?
Die Fachhochschüler sind nicht dümmer, aber sie wollen
ein praktischeres Studium. Sie wollen am konkreten Beispiel sehen,
wie etwas funktioniert, während universitäre Studenten
verstehen und beschreiben wollen, warum das so ist. Wenn es zu
einer Fusion kommt, sinken deshalb die Studentenzahlen.
Ist das Ihre Prognose?
Zwei Drittel der Studierwilligen wollen ein universitäres
und ein Drittel ein fachhochschulisches Studium. Nach der unsinnigen
Fusion verlieren wir entweder die zwei Drittel oder das eine Drittel.
Kennen Sie da ein Beispiel?
In Lüneburg geschieht seit zehn Jahren genau das, was jetzt
in Cottbus als neuartig verkauft wird: die Zusammenlegung einer
Universität und einer Fachhochschule. Die Studierendenzahlen
sind dort heftig gesunken und die Professoren sagen, dass Sie
seit dieser Fusion 40 Prozent ihrer Arbeitszeit in Kommissionen
sitzen. Für Forschung bleibt da kaum Zeit.
Was machen die Profs in den Kommissionen?
Es geht um Studien- und Prüfungsordnungen, Form und Inhalt
der einzelnen Lehrveranstaltungen sowie die Neuorganisation der
Hochschulverwaltung und der Forschung. Es muss geklärt werden,
wofür welche Ressourcen eingesetzt werden sollen und wofür
nicht und ob es sinnvoll ist, dass Fachhochschulprofessoren Doktoranden
betreuen dürfen.
Wie geht es nun weiter?
Im Februar wird das Volksbegehren starten. Wir haben den ganzen
Sommer Zeit. Wir schaffen das. Auch die Potsdamer Studierendenschaft
hat bereits ihre Unterstützung zugesagt.
Soll die Fusion nicht bereits im Sommer stattfinden?
Das Volksbegehren hat keine aufschiebende Wirkung. Sollten die
Unterschriften zusammen kommen und ein Volksentscheid erfolgreich
sein, könnte das Fusionsgesetz jedoch im Nachhinein gekippt
werden.
Es fragte Mathias Klinkmüller
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Professor Dr. Daniel Baier hat den Lehrstuhl für Marketing
und Innovationsmanagement inne. Der lebensfrohe Karlsruher fühlt
sich wohl in der Lausitz und will gemeinsam mit den Studierenden
für den Erhalt der beiden Lausitzer Hochschulen kämpfen
Foto: Mathias Klinkmüller
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