Folgen: aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Kann sein, muss aber wohl nicht
Klaviermusik und leidlich regionalisierte Broadway Comedy-Show

Cottbus. Die Privaten überfluten uns damit, die öffentlich-rechtlichen Sender zeigen, wie man’s noch schlechter machen kann und nun auch das noch: Das Staatstheater erheischt Quoten mit Comedy. Bedingungslos anspruchslos, bunt, laut und gelegentlich ordinär. Nur die Klaviermusik links auf der Bühne ist exzellent. Würde Andreas Simon das konzertant machen, wär’s ein schöner Abend.
Nein, ganz so schlimm ist es nicht. Aber fast. Der Titel macht neugierig: „I Love You, You’re Perfect, Now Chance“, was so viel heißt wie „Ich liebe dich, du bist perfekt, ändere dich“. Die ganze Spannweite von Missverständnissen in Paarbeziehungen scheint da umschrieben, aber eben auf amerikanische Lesart, in der das Stück damit auch ein wirklicher Renner geworden sein soll. In New York reißen die Lieder von Joe DiPietro mit der Musik von Jimmy Roberts die Leute aus den Stühlen, weil sie vermutlich in englischer Sprache witzig wirken. Für die deutsche Übersetzung von Frank Tannhäuser und Iris Schumacher lässt sich das nur an sehr wenigen Stellen einräumen. Wenn es etwas zu lachen oder wenigstens zum Schmunzeln gibt, dann ist es der Spielweise und dem gelegentlichen Regieeinfall zu verdanken. Thorsten Michael Kreissig ist ein Tausendsassa, der zwischen Kommunikations-Trainer, Choreograf, Journalist, Regisseur, Komödiant und noch einigen anderen Berufungen chargiert und es dank solcher Qualitäten zum Beispiel schafft, aus einer honorigen Operndiva, nämlich Carola Fischer, ein Musical-Girl zu zaubern, zumindest soweit der Text reicht; anschließend schaut sie derart böse, dass mancher im Publikum den Versuch zu klatschen vor Angst unterlässt.
Debra Stanley scheinen solche Geschichten auf den Leib geschrieben, sie spielt und singt hinreißend. Sowieso ist dies der Fall bei Heiko Walter, der einmal mehr den schier grenzenlosen Verwandlungskünstler mimt, hier prächtig unterstützt von kunterbunt-kessen Kostümen von Nicole Lorenz, die dankbar von der grafisch einfachen Cottbus-Silhouette als Schaubude profitiert (Bühne Irina Steiner). Dirk Kleinke frappiert mit erlesen filigraner Spielweise, die solch einer kolossalen Person gar nicht zuzutrauen ist. Gewiss, dies sind alle vier Meister ihres Fachs, die feuerwerkartig Schauspielereien abfa-ckeln können. Aber das Ganze zusammen genommen ist doch ein rechter Schmarrn. So was kann auf dem Theater sein, muss aber nicht. Geld einspielen wird’s allemal. Und bei entsprechendem Publikum auch zu viel mehr Beifall führen als zur Premiere. Nächste Vorstellung: 20. Dezember J.Hnr.



Szene aus „Der Familienausflug” mit v.l.n.r.: Debra Stanley (Katrin), Heiko Walter (Heiko), Dirk Kleinke (Noah) und Carola Fischer (Emma)
Foto: Marlies Kross

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