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Sommertheater: deutscher geht nicht
Anmerkungen zur zweiten Sommerinszenierung bei der TheaterNative C

Cottbus. Lange war diese Kleine Komödie nicht so groß wie heuer. Mit ihrem „Watzmann“ (noch im Freilichtprogramm) spielte sie Rekorde ein, jetzt setzt die Truppe mit „Achtung Deutsch“ nach. Nicht nur dem Deutsch-Österreicher Gerhard Printschitsch (Regie und trinkfester Wiener mit unvergleichlich sarkastischem Witz als Rudi) scheint der Autor das Stück auf den Leib geschrieben zu haben - auch allen anderen gehen die Figuren ohne Fehl von der Hand und von der Lippe. Welch ein liebenswert-tölpliger Genussmensch ist dieser „Makkaroni“ Enzo von Sebastian Thiede. Seine lustvolle Verliebtheit umfängt Virginie, die hübsche und couragierte Französin, in der Szanne Kockat ein komödiantisches Glanzstück abliefert. Mit spitzen Lippen radebrecht sie ein liebliches Deutsch, dass kein Mensch zweifeln mag: eine echte Pariserin! Perfektes Hochdeutsch spricht nur Tarik, der syrische Student mittelhochdeutscher Lyrik, um dessen Existenz es vor allem geht. Und so steigert sich Friedrich Haug in diese Rolle, die ihn zuletzt geradezu bellend in zugespitzte Konflikte führt. Gereizt wird das zur deutschen Patchwork-Klischee-Familie mutierte WG-Quartett vor allem durch Nebenmieter Schröder, der vom Spießer zum wahrhaften Fiesling wird, so dass sich Peter Hartmann „vor soviel Bosheit selbst erschreckt hat“ nach der Generalprobe, wie er sagt. Die Tücke, die in diesen perfekt pointierten, genialen Dialogen des österreichischen Dramatikers und Kabarettisten Stefan Vögel steckt, rührt Darsteller wie Publikum an, ohne dass dies im sonst bisweilen überstrapazierten Thema der Ausländerfeindlichkeit dem Witz schadet.
Symbol deutscher Gründlich- und Aufrichtigkeit ist der Prüfer, der möglichst nicht hinter den kleinen Subventions-Schwindel der frohen Bohémes kommen soll. Wolfgang Kaul spielt ihn mit kühler Beamten-Würde, die freilich Virginies Liebreiz und der großen sozialen Kraft dieser unvergleichlichen, „total deutschen“ Wohngemeinschaft nicht standhält. Das Weinen zuckt dem großen Mann um den schmalen Mund, als er sich fehlender frühkindlicher Mutterliebe bewusst wird. Da lebt große Schauspielschule.
Der meist abwesende Hauptmieter Henrik (Maik Schuppan) löst die Spannung am Schluss mit einem Schuhplattler, der unverkennbar aus dem „Watzmann“ herrührt.
Es gibt viel Vergnügen und heftigen Applaus. Nur: Warum wünscht in der ausdrücklich am 23. Dezember spielenden Szene keiner „Frohes Fest“? Doch nicht total deutsch? J.Heinrich



Alle Register ihrer großartigen Wandlungsfähigkeit kann Suzanne Kockat diese Saison im Bühnensommer der TheterNative C ziehen. Nach energischer Dirnd’l-Rolle im „Watzmann“ (wieder Mi und Do, jeweils 19.30 Uhr) gibt sie in „Achtung Deutsch“ die ebenso verführerisch wie intelligente Französin Virginie
Foto: Hnr.

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