Folgen: aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Energieregion wird sich als eine Illusion erweisen
BTU-Professoren warnen vor falscher Sparpolitik

Sehr geehrter Herr Heinrich,

das ist schon ziemlich starker Tobak, was Sie Ihren Lesern in der Ausgabe des "Märkischen Boten" von 5./6. Mai präsentiert haben.

Mit "märkischer Schlichtheit" lästern Sie über das "eitle Streben" der BTU, "ein bisschen wie andere, altehrwürdige Unis zu werden." . Und dann verkünden Sie "Was es schon gut gibt, braucht die Welt nicht noch einmal, schon gar nicht in Cottbus".... Nein, sehr verehrter Herr Heinrich, da haben Sie uns, die von "leichter Arroganz" befallenen Professoren der BTU, ganz falsch verstanden!

Die BTU ist eine Technische Universität, und will daher niemals mit "ein wenig Tübingen, oder Heidelberg, oder wenigstens Jena" verglichen werden! Nein, unsere Vorbilder, sind, wenn schon, ganz andere, zum Beispiel die TU Bergakademie Freiberg, die TU Ilmenau, die TU Clausthal-Zellerfeld...kleinere Technische Unis, mit hoher Qualität von Forschung und Lehre, einem hohen Ansehen in der ganzen Republik, großer internationaler Ausstrahlung und hoher Bedeutung für die jeweilige Region.

Auch Cottbus und die Lausitz profitieren von einer guten Technischen Universität, schon jetzt. Noch immer, und zu ihrem Vorteil, haben die Lausitz und das südöstliche Brandenburg viel mehr Industrie als etwa Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz oder die Prignitz. Jahr für Jahr wachsen die Firmen in unserer Region, und die BTU stützt dieses Wachstum mit sachverständigem Rat, mit vielerlei Dienstleistungen und erfinderischen Ideen aus den Labors, und nicht zuletzt mit hervorragend ausgebildeten Absolventen. Auch wenn die Zahl der Schulabsolventen zurückgeht - der Anteil derer, die studieren, wird auch und gerade in der Lausitz noch weiter ansteigen, und von einem bevorstehenden Studentenmangel, den Herr Platzeck voraussieht, kann nicht die Rede sein.

Wenn junge Leute die Region verlassen müssen, um in der Ferne zu studieren, wenn die BTU nicht weiterhin Tausende von jungen Menschen aus aller Welt anzieht, die hier nicht nur studieren, sondern auch Geld ausgeben und die Region menschlich bereichern, dann werden viele Vermieter, Geschäftsleute und Kommunen den Effekt in ihren Kassen spüren, und das Straßenbild wird von den Rentnern bestimmt.
Wenn die BTU nicht Jahr für Jahr 20 - 30 Mio. € an Drittmitteln für Forschungsprojekte in die Region holen würde, müssten viele märkische Familien ihr Brot anderswo erwerben. Die BTU ist nicht eine Uni, die mit Rücksicht auf die schwächelnde Infrastruktur durchgepäppelt werden muss, sondern eine, die auch einen erheblichen Beitrag zu ihrer eigenen Finanzierung leistet. Den muss sie auch leisten, denn die BTU darf sich rühmen, die am schlechtesten finanzierte Technische Universität der Republik zu sein, und dafür dann doch ganz gut dazustehen.

Die von der Ministerin Kunst und dem Ministerpräsidenten Platzeck favorisierte Neugründung der "Energie-Universität Lausitz" soll alle Aktivitäten auf das eine Thema Energie bündeln. Aber das wäre ziemlich ungesund für die Region. Noch lebt die "Energieregion Lausitz" von der Braunkohle - aber wie lange noch? Bald wird man auch merken, dass Windräder in der Nordsee einen viel höheren Ertrag bringen als in der Lausitz. Photovoltaik-Module können schon jetzt billiger aus China importiert werden als sie in Frankfurt/Oder produziert werden können. Und die Sonne scheint heller und öfter in Griechenland, Spanien und Nordafrika als in der Lausitz. Letztlich wird sich die Energieregion als eine Illusion erweisen, wie schon so viele hoffnungsvolle Großprojekte der letzten 20 Jahre. Die Lausitz braucht, um zu überleben, eine vielfältige, mittelständische Industrie, und sie braucht die BTU, um diese mit zu entwickeln.

Seien wir offen: Frau Kunst und Herr Platzeck wollen bzw. müssen Geld sparen, auch im Bildungs- und Hochschulbereich. Sehr schnell wird man merken, dass eine neue "Energieuniversität Lausitz" viel weniger Studierende anzieht, als es bisher die HL und die BTU gemeinsam getan haben. Sehr schnell wird man herausfinden, dass es extrem teuer wäre, weitere 110 Professoren von der HL in der Weise mit Forschungslabors auszustatten, wie das für eine richtige Universität nun mal sein müsste. Und dann gibt es zwei mögliche Wege:

Die Energieuniversität Lausitz bleibt eine Mogelpackung mit schlechter Ausstattung, verteilt auf 2 Standorte und ohne jede überregionale Anziehungskraft, mit wenig Studierenden und wenig Forschung. Die tüchtigen unter den Professorinnen und Professoren, die noch nicht zu alt sind, werden schnellstens flüchten. Dann kann man bald mal wieder eine Kommission vorbeischicken und weitere Sparvorschläge ausarbeiten lassen.

Oder man wandelt die Energieuniversität doch wieder in eine richtige Universität um. Man halbiert die Zahl der Professuren, stattet die verbliebenen ausreichend aus, konzentriert alle Aktivitäten an einem Standort. Dann wird es aber die bewährte FH-Ausbildung nicht mehr geben in der Region. Senftenberg hätte den Schaden.

Aber eines ist klar: Sparen fällt leichter in der Lausitz als in Potsdam, jedenfalls für die Entscheidungsträger, die in Potsdam sitzen. Die Lausitz sollte es sich nicht gefallen lassen.

Unterzeichner:
Peter Ay, Georg Bader, Dieter Bestle, Christoph Egbers, Ekkehard Köhler, Mario Kupnik, Thomas Raab, Rembert Reemtsen, Ulrich Riebel, Eberhard Schaller ...

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