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Die Zeit ist reif für eine
Technische Universität Lausitz
Wir brauchen eine Universität mit Spitzenforschungen
in verschiedenen Forschungsfeldern / Uni muss breit aufgestellt sein

Derzeit wird in der Lausitz heftig über die Zukunft der Hochschulstrukturen diskutiert. Auslöser ist der Bericht einer Kommission mit Zukunftsvorschlägen für die Hochschullandschaft. Darüber hinaus schlägt Brandenburgs Wissenschaftsministerin Prof. Sabine Kunst vor, beide Lausitzer Hochschulen in einer neugegründeten Energie-Universität zusammenzuführen. Im Gespräch mit dem Forschungspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Prof. Martin Neumann, versucht Frank Heinrich von der Lausitzer Heimatzeitung einen Blick hinter die Kulissen zu werfen:
Der Märkische Bote: Herr Prof. Neumann, was steckt hinter der aktuellen Diskussion um die Lausitzer Hochschulen?
M. Neumann:
Eine „Lausitz -Kommission“ hat die vor 20 Jahren geschaffenen Hochschulstrukturen in der Lausitz unter die Lupe genommen. Dabei wurden die Leistungen in Lehre und Forschung genauso gewertet wie die Zukunftssicherheit der Hochschulen mit Blick auf die Bologna-Reform, den demografischen Wandel und die Entwicklung der Region. Die Kommission kam zum Ergebnis, dass an der BTU Bereiche mit Spitzenleistungen anderen mit wiederum Reformbedarf gegenüberstehen. Der Hochschule Lausitz wurde in einzelnen Bereichen hingegen, wie der Biotechnologie, universitäres Niveau zugesprochen. Die Wissenschaftsministerin Prof. Sabine Kunst unternimmt daher den Vorstoß, beide Hochschulen zusammenzuführen, und mit Blick auf Wirtschaft und Gesellschaft als „Energie-Universität“ auszurichten.
Ist die Zukunft unserer Hochschulen dadurch in Gefahr?
Nein, im Gegenteil. Es ist eine Riesenchance, wenn alle Beteiligten auf dem Weg zur Neugründung eine konstruktive Zusammenarbeit pflegen. Ich halte diesen Weg für den richtigen Ansatz. Die neue Universität muss aber breiter aufgestellt sein, als bisher angedacht. Die BTU und die Hochschule Lausitz müssen jetzt in diesem Prozess ihre Reformfähigkeit unter Beweis stellen und gemeinsam zukunftssichere Kompetenzfelder herausarbeiten. Wenn dies gelingt, Stärken gebündelt werden, kann ein Angebot entstehen, das bundesweit Beachtung findet. Aus meiner Sicht ist das die Gelegenheit, die Lausitz als Hochschulstandort in Spitzenforschung mittel- und langfristig besser zu entwickeln und zukunftssicher zu machen.
Hochschulpolitik ist Ländersache - aber bringt Ihnen Ihre Bundessicht hier besondere Einblicke?
Hochschulen bewegen sich im Wissenschaftssystem und dieses hat eine nationale und internationale Dimension. Wenn wir nun die Stärken beider Hochschulen vereinen und ausbauen, kann etwas Einzigartiges entstehen - sowohl aus dem nationalen Blickwinkel als auch in der internationalen Ausrichtung. Das brauchen wir in der Lausitz! Ich bin selbst als Hochschul-Professor tätig und weiß auch aus meiner Erfahrung als Forschungspolitiker, dass der nationale und internationale Wettbewerb um die finanziellen Mittel für Forschung nur zu bestehen ist, wenn auch eine Reihe hochkarätiger Forschungsaufgaben definiert wird. Ich bin mir sicher, dass nur eine gemeinsame Einrichtung hierzu in der Lage ist. Wenn das gelingt, werden auch große Forschungseinrichtungen nach Cottbus schauen und die guten Strukturen und hochwertige Forschung für sich entdecken, und damit Instituts-Ansiedlungen erwägen.
Wo sehen Sie den richtigen Weg für die Lausitzer Hochschullandschaft?
Wir brauchen eine gut strukturierte und starke Universität und einen Ausbau der Bindungen zu Partnern außerhalb der Universität, in Region und Industrie.
Hier teile ich die Vorstellungen der Ministerin, Kompetenzen zu bündeln. Allerdings ist mir der Begriff „Energie-Universität“ deutlich zu eng gefasst. Wir brauchen vielmehr eine „Technische Universität Lausitz“, die in verschiedenen Forschungsfeldern Spitzenforschung betreibt. Dann kann diese Universität künftig vielleicht auch einen Platz am Tisch der derzeit neun technischen Spitzenuniversitäten (die sogenannten TU9) ­einnehmen. Die Technische Universität Lausitz als Komplettierung der TU10 - das wäre meine Vision. Diese sollten alle Beteiligten in der Lausitz als Chance begreifen. Hierfür muss das Land aber auch die strukturelle Unterfinanzierung beenden. Die geplante Neugründung wäre - richtig gemacht und mit gebündelter Kraftanstrengung aller Beteiligten - hierfür der erste wichtige Schritt. Aber - und auch das gehört zur Wahrheit dazu - das Land muss für dieses Vorhaben Geld in die Hand nehmen. Fusionen kosten immer viel Geld und brauchen auch ihre Zeit, wenngleich sie zügig erfolgen müssen. Fusionen bringen maximal langfristige Einsparungen.
Sie sprechen von einer Technischen Universität Lausitz - aber die BTU und die Hochschule Lausitz haben bislang wenig kooperiert?
Kooperationen setzen Partner voraus. Hier hoffe ich, dass die aktuelle Diskussion und sicher auch der Reformdruck zu richtigen Erkenntnissen, Entscheidungen und Veränderungen führt. Es ist schon immer ein Bestandteil von Wissenschaft, alles infrage stellen zu können. Vor diesem Hintergrund bin ich mir sicher, dass alle Beteiligten nach der ersten großen Aufregung zu einem konstruktiven Miteinander finden.
Wie wollen und können Sie diesen Prozess unterstützen?
Indem ich hier in der Lausitz den Dialog fördere - und in Berlin weiter den wichtigen Draht zu den Bundesministerien und außeruniversitären Forschungseinrichtungen halte. In enger Abstimmung mit den Lausitzer Hochschulen, Vertretern der Lausitzer Wirtschaft, der Region aber auch mit Frau Prof. Kunst werde ich sowohl meine politische Kompetenz als auch meine Kenntnis der Forschungslandschaft für die Lausitz einbringen. Es hilft mir dabei sicher, dies aus einer neutralen Mittlerrolle anpacken zu können. Die aktuelle Diskussion um eine stärkere finanzielle Beteiligung des Bundes bei der Hochschulfinanzierung - und die schwarz-gelbe Bundesregierung wird schon bald die hierfür erforderliche Grundgesetzänderung vorschlagen. Das könnte sich als Lausitzer Glücksfall erweisen.

Prof. Martin Neumann sieht eine mögliche Fusion der Lausitzer Hochschulen als Chance Foto: Archiv

Prof. Martin Neumann sieht eine mögliche Fusion der Lausitzer Hochschulen als Chance
Foto: Archiv

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