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Grünschutzgürtel fällt unter der Kettensäge
Vögel, Fledermäuse und Kleinsäuger obdachlos:
alle Hohlbäume im Landschaftsschutz sind gefällt

Cottbus (h). Neben der schmalen Stichstraße am Ortsausgang Richtung Peitz türmt sich eine Wand aus transportfertig gesägten Baumstämmen. Dahinter liegen die einstigen Rieselfelder, bewachsen mit Baum- und Strauchriegeln. Die hohen Bäume fehlen seit einigen Tagen. Sie liegen hier gestapelt. Das Landschaftsschutzgebiet Spreeaue-Nord ist inzwischen privatisiert, der einstige Grünschutzgürtel wurde zu billigem Brennholz. Zum Entsetzen der Naturschützer.
„Dürfen Sie überhaupt aufs Privatgrundstück? Und: Sind Sie nicht zurückgetreten?“ hat der Mann am Holzstoß gleich zwei Fragen an Harald Wilken vom NABU, der tatsächlich sein Ehrenamt im Naturschutz aufgibt, wie im Märkischen Boten zu lesen war. „Bis März bleibe ich noch kommissarisch, dann trete ich zurück“, antwortet Wilken. „Na Gott sei dank“, lautet die Antwort.
Wilken, vor der Wende bürgerbewegter Weggefährte und Freund Platzecks, kämpft seit Jahrzehnten für alles was kreucht, fleucht, blüht und sprießt. OB Frank Szymanski dankte ihm vor sechs Wochen zum 60. Geburtstag „für Ihre unermüdliche Arbeit zum Wohle des Naturschutzes... auch besonders im Bereich der Rieselfelder, ...die nachhaltigen Einfluss auf das Cottbuser Landschaftsbild haben.“
Der OB als geborener Cottbuser weiß, wovon er spricht. Weitsichtig ist vor dem Aufschluss nördlicher Tagebaue 1955 bis 1970 mit hohen Kosten ein Grünschutzgürtel um Cottbus gelegt worden. Der erfüllte nicht nur die Funktion, vor Staub zu schützen, sondern wurde artenreicher Bestandteil des Biotopverbundes der Spreeaue, die ihrerseits als FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) unter EU-Schutz steht. Nur ein Rest der weitflächigen Anpflanzungen konnte über die Jahre gerettet werden und fand als wertvollster Bestand die Fürsorge des Naturschutzes. Die etwa 50 Pappelhybriden waren jetzt stattliche Hohlbäume, die neben Bergahorn, Linden und Ulmen Brutstätten von Hohltaube, Trauerschnäpper, Gartenrotschwanz (Vogel des Jahres 2011!), Weidenmeise und vier Spechtarten waren. Im Winter boten sie weiteren Vogelarten, Kleinsäugern und Fledermäusen Unterschlupf.
„Unwiederbringlich abgeholzt! Geistlos zu Geld gemacht!“, schimpft Wilken, der auf die OB-Glückwünsche inzwischen resignierend geantwortet hat: „Ich empfehle, den Landschaftsschutz der Spreeaue aufzuheben.“ In der Tat bleibt nach der Holzaktion, die sträflich selbst in FFH-Gebiet hinein tobte, nicht viel Bewahrenswertes. Selbst die teuren Fledermauskästen, die erst kürzlich angebracht und auch angenommen wurden, liegen neben den Stubben.
Nach Flächennutzungsplan gilt dieses Gebiet heute als Wald und liegt in der Kompetenz des Revierförsters. Schwer nachzuvollziehen, dass der die Holzung toleriert, zumal Neupflanzungen hier im Hochwasserschutzgebiet nicht möglich sind.
Harald Wilken rät, auch wenn er selbst im Ehrenamt grob enttäuscht wurde, zu rechtlichen Konsequenzen und wenigstens Auflagen zu Ersatzpflanzungen. Er räumt aber auch ein, dass diese Stadt nicht nur ein Volk von Barbaren bevölkert. „Zum Glück haben wir die LWG, die Geld ausgibt für den Landschaftsschutz, gerade hier an der Spree“. Geschäftsführer Jens-Erik Wegner ist selbst NABU-Mitglied und sagt: „Wer mit Wasser arbeitet, muss etwas für den Naturschutz tun.“ Hier, wo eben die Säge dröhnt, hat die LWG in Böschungswände investiert, in denen Uferschwalben brüten können. Das Beispiel zeigt deutlich: Wirtschaftliche Interessen und Naturschutz stehen keineswegs im Gegensatz. Die Holzfäller haben da offenbar Bildungsdefizite.

Pappelhybriden, um 1955 im Grünschutzgürtel gepflanzt, inzwischen als Hohlbäume Lebensraum für Vögel, Fledermäuse und Kleinsäuger und als solche noch für Jahrzehnte kostbarstes Gut am Rande der Stadt, sind zum läppischen Brennholz-Ertrag geworden. Naturschützer wie Harald Wilken vom NABU sind tief erschüttert über den Frevel Foto: Heinrich
Pappelhybriden, um 1955 im Grünschutzgürtel gepflanzt, inzwischen als Hohlbäume Lebensraum für Vögel, Fledermäuse und Kleinsäuger und als solche noch für Jahrzehnte kostbarstes Gut am Rande der Stadt, sind zum läppischen Brennholz-Ertrag geworden. Naturschützer wie Harald Wilken vom NABU sind tief erschüttert über den Frevel
Foto: Heinrich

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