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Auch die Lausitz hat ihre SPD-Troika
Nach dem Bundesparteitag der SPD spricht Gewerkschafter Ulrich Freese über die aktuelle Situation der Sozialdemokratie in Cottbus und Spree-Neiße

Region. Die SPD hat sich nach ihrem Parteitag Anfang der Woche führungsstark auf der bundespolitischen Bühne zurückgemeldet. Über die Lage in
der linken Mitte sprachen wir
mit dem SPD-Politiker Ulrich Freese aus Spremberg.
Sie sind diesmal nicht beim Parteitag gewesen. Keine Zeit oder keine Absicht?
Ulrich Freese: Ich wäre gern dabei gewesen, hatte aber wichtige Termine in der Lausitz, einschließlich der Barbarafeier.
Nach langer Flaute stellt sich eine optimistische, regierungswillige „Troika“ dar? Hat die SPD schon wieder festen Boden unter den Füßen?
Sie hat, wie die programmatischen Beschlüsse zu den Themen Gute Arbeit, Rente, Gesundheit und Europa zeigen, gute Konzepte. Die Führungsmannschaft, die mehr als nur eine Troika ist, ringt mit derzeit Regierenden über die richtigen Wege für Deutschland.
Die Lausitz hat seinerzeit mit der sozialdemokratischen Krise herbe Verluste erlitten: Keinen Bundestagsabgeordneten mehr in Cottbus/Spree-Neiße. Dann auch noch Verlust des Landratspostens. Leidet die SPD-Basis hier darunter?
Darunter leidet zuerst die Lausitz, weil sich Sozialdemokraten, ob in Regierung oder in Opposition, für industrie- und sozialpolitische Fragen konsequent eingesetzt haben. Ja, der Basis fehlen Ansprechpartner auf Bundesebene. Die SPD in Spree-Neiße hat sich aber gefangen und zeigt mit bürger- und arbeitnehmernahen Themen, was Sozialdemokraten in der Kreispolitik für richtig erachten.
Wen, meinen Sie, sollte die Lausitz für sozialdemo-
kratische Bundespolitik entwickeln?

Personen, die schon in Unternehmens oder gesellschaftlicher Verantwortung stehen, auf Menschen zugehen können und für Ideen und Positionen einstehen und konsequent werben.
Was sollte auf dessen / deren Fahnen stehen?
Glaubwürdigkeit im Reden und Handeln. Wenig Ich, mehr Wir.
Sie haben als Gewerkschafter und Vattenfall-Aufsichtsrat die Barbarafeier erlebt. Abgesehen von guter Kultur war die Stimmung gedrückt. Hatten Sie auch diesen Eindruck?
Die Absage großer Investitionen war wegen der verfehlten Energie- und Umweltpolitik der Bundesregierung keine Überraschung mehr. Alle bedauern wie ich, dass es nicht gelingt, aus Brandenburg/Deutschland mit der CCS-Anlage ein bedeutsames klimapolitisches Signal zu senden. Und dass es nicht gelingt, die Technologieführerschaft in wichtigen industriepolitischen Fragen zu erhalten und auszubauen. Wir bauen auf die von Ministerpräsident Platzeck vertretenen braunkohlepolitischen Aussagen.
Gibt die SPD im Bund der Braunkohle der Lausitz mehr Sicherheit?
Ich denke ja. Sigmar Gabriel hat sich im Januar in Schwarze Pumpe eindeutig zur Braunkohleförderung- und Verstromung sowie der CCS-Technik bekannt und der Kanzlerin angeboten, gemeinsam ein europataugliches CCS-Gesetz auf den Weg zu bringen.
Die Landes-SPD und ihr Roter Regierungspartner halten aber mehr vom Wind als von Grundlast, oder?
Der SPD, wie auch ihrem Koalitionspartner, weht mit zunehmendem Maße der Wind der Windkraft- und Solargegner ins Gesicht. Aber Platzeck weiß, dass die Industrienation eine sichere Stromversorgung braucht. Deshalb steht er zur Braunkohle und zum Neubaukraftwerk in Jänschwalde. Wie ich ihn kenne, wird er dafür kämpfen.
Wie hat Ihnen Helmut Schmidt gefallen. Überhaupt die Idee, ihn zuerst vortragen zu lassen?
Ich habe Helmut Schmidts Auftritt am Sonntagmorgen live im Fernsehen erlebt und bin über die Klarheit seiner Welt- und Europasicht immer wieder angenehm überrascht. Der alte Staatsmann ist immer noch ein überzeugter Sozi.
Und wer ist lokaler „Leitwolf“ der Sozis?
Die SPD in der Lausitz hat mit Dr. Dietmar Woidke, Dr. Martina Münch, Frank Szymanski und anderen ein gutes Personaltableau. Man erkennt, dass sie ihre Funktionen, für die Lausitz einzutreten, wahrnehmen.
Sie sind von unter Tage gekommen. Freuen Sie sich auf Kupfer aus der Lausitz?
Ja, ich habe einige Jahre im Steinkohlebergbau unter Tage gearbeitet. Deshalb schlägt mein Herz höher, wenn ich vom Aufschluss neuer Bergwerke höre. Es wäre gut für die
rohstoffarme Bundesrepublik, wenn es gelänge, unter ordentlichen Arbeits- und Lebensbedingungen den Kupferbergbau zum Laufen zu bringen.
Sind Sie ‘Weihnachtsmensch’?
Als Vater dreier Kinder und Großvater von sechs Enkelkindern - ja. Leider fehlt Zeit für Adventsgenuss.
Wie begehen Sie das Fest?
Heilig Abend zu Hause. Dann baumelt die Seele, um neue Kraft zu schöpfen.
Was wünschen sie den vielen Knappschaftlern, deren Chef Sie sind, zum neuen Jahr?
Gesundheit und gute finanzielle Ausstattung durch den Gesundheitsfonds, damit unser reales Ziel, auch im Jahre 2012 ohne Zusatzbeitrag auskommen zu können, erreicht wird.
Danke für das Gespräch
Es fragte Jürgen Heinrich

Ulrich Freese (60) ist stellv. Vorsitzender der IG BCE. Er ist seit 1970 in der SPD, war 1993-2003 Vorsitzender des Unterbezirks Spree-Neiße und 1994-2004 Landtagsabgeordneter

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