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Ein unerfüllter Traum wird zum Spektakel
„Claudia - Das Legendical“ mit großem Erfolg in der Klosterkirche welturaufgeführt

Selbst liberalste Kirchgänger, unter ihnen Landrat Harald Altekrüger, trauten ihren Augen kaum, als sie zur Erstaufführung von „Claudia - Das Legendical“ - die Geschichte einer Frau um Jesus - am Freitag, 9. September, die Klosterkirche betraten. Das würdige Gotteshaus glich einer komplexen Theaterstätte mit einer Kerkerzelle im römischen Mamertinusgefängnis, der genüsslichen Landschaft von Albano sowie den schemenhaften Konturen von Jerusalem, der heiligen Stadt der Christen, Juden und Moslems. Jedes der mit viel Liebe und Beflissenheit entworfenen Bühnenbilder war eine Augenweide für sich.
Das siebenszenige Legendical bedient sich folgenden Sujets: Die namenlose Ehegattin des römischen Statthalters von Judäa, Pontius Pilatus (26-36 n. Chr.), die nur der Evangelist Matthäus mit den Worten „Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; denn ich habe heute viel erlitten im Traum um seinetwillen“ erwähnt, hat ein angenommenes Warnerlebnis. Hansjürgen Vorrath und Jan Kuberski berufen sich dabei auf das Buch der ungarischen Autorin Eva Bozoki „Claudia - die Frau des
Pilatus“. Die „verbotenen“ Schriften nennen die Frau Claudia Procula; die orthodoxe Kirche verehrt sie als Christin und Heilige. In einer Kerkerzelle schildert Claudia ihrem Mitgefangenen, dem Jünger Jesu und Apostel Petrus, ihr schicksalsvolles Leben.
In einer spannenden Erzählung erlebt der Zuschauer Claudias wohlbehütete Kindheit, ihre Liebesheirat mit Pilatus und dessen grausigen Entscheid, statt des Schwerverbrechers Barrabas Jesus Christus kreuzigen zu lassen. Nach persönlichen und visionären Begegnungen mit dem zum Tode verurteilten Messias fesselt das Publikum in Folge Claudias folgenschwere Berufung, nach empfangener Taufe Mitglied der ersten Christlichen Gemeinschaft zu werden. Da unsere Kenntnisse über die meisten alten Kulturen erhebliche Lücken aufweisen und wir über keine klaren Vorstellungen von den ersten Gehversuchen der Musik in der Frühzeit ihrer langen Geschichte verfügen, sind der Spürsinn und der Hör-Erfindergeist des Komponisten doppelt zu bewundern, um mit klassischen und modernen Musikinstrumenten wie Marimbaphon, Vibraphon und Drum-Set eine ideenreiche modern-fundierte „Pränatalmusik“ zu schaffen.
Zur Kennzeichnung und Unterstützung des dramatischen Verlaufs schuf Hansjürgen Vorrath äußerst farbige Zwischenspiele, die sich melodisch, harmonisch und rhythmisch stark voneinander abheben. Sie bewirken weitmehr, als nur ein bloßer Prolog oder Beschluss, geschweige denn ein Lückenfüller zu sein. Die neun Interludi ergäben die ideale Basis einer künftigen Fantasieouvertüre „Claudia“. Der größte Wurf gelang dem Komponisten jedoch mit den glanzvollen, das Fühlen und Denken des Volkes markierenden Chorälen „Schalom“, „Hosianna“ und „Der Herr ist unsre Zuversicht und Stärke“, die sehnlichst hoffend, freudig erregt und überzeugend gottergeben nahezu Händelschen Oratoriengeist atmen.
Dass dem Legendical mit seinen über 200 Mitwirkenden ein voller Erfolg beschieden war, dafür sorgten vor allem dank Chor und Orchester unter dem souveränen Dirigat des Meisters die Hauptdarsteller. Während Udo Koob als Petrus der Ältere den von Jesu Christi gesandten Verkünder der neuen christlichen Lehre verkörperte, gestaltete Melanie Noak in der Rolle der Claudia die Ältere das leidgeprüfte, aber standhafte Leben der Christin. Doch auch die Gestalter der Nebenpartien gaben ihr Bestes gleich den Choristen, die sich als glaubenswürdige „Volksvertreter“ mächtig ins Zeug legten. Scheinbar wurden sich alle Gestalter und Helfer erst durch den minutenlangen Premierenbeifall bewusst, mit welch bravouröser Leistung sie das Legendical „Claudia“ aus der Taufe gehoben hatten, dem sich hoffentlich bald auch weitere Kirchentüren öffnen mögen. Tief gerührt der Komponist, Kantor und Dirigent Hansjürgen Vorrath, der mit seinem dramatischen Opus einen untrüglichen Lichtblitz schuf, indem er mit „Claudia“ ein christliches Frauenbild wichtete und seiner Überzeugung Ausdruck verlieh, dass „Gott der Vater, in jeder, sicherlich nicht immer positiven Lebenslage, das A und O aller Dinge ist“ oder, um mit Eva Bozoki zu sprechen, „die Vergangenheit die Gegenwart durchwebt“.
Karten für die letzte Aufführung Sonntag sind noch erhältlich. Adolf Auga

In meist kurzen Monologen erzählt Claudia (Melanie Noak) im Kerker ihre Geschichte in perfekter Kulisse, stimmungsvoll beleuchtet



 

 

 

 

 

 

 


Hansjoachim Vorrath während der „Arbeit“ Fotos: Ha.

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