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Der „Cottbuser Glücksfall“ wird am Montag 70
Waldemar Kleinschmidt (CDU) „steht für gleitenden Übergang aus der
Plan- in die Marktwirtschaft“

Cottbus. Von Links bis Rechts, von Unternehmern wie von Kulturleuten, von heimischen wie von unheimlichen Investoren, von Leuten verschiedenster Konfessionen und sowieso verschiedener Regionen wurde und wird bis heute eine Formel benutzt: Kleinschmidt war ein Glücksfall für Cottbus. Sein Freund Dr. Josef Horntrich, damals Ärztlicher Direktor im Carl-Thiem-Klinikum, beschrieb es in einer Laudatio so: „Das Schicksal geht nur einmal vorüber. Es verlangt in diesem Falle die Entscheidung in Minutenschnelle. Sie sagten ein bedeutungsvolles ‘Ja’... Der Ruf ‘Wir sind ein Volk’ war nicht mehr zu überhören..., vor Ort galt es die alltäglichen Dinge zu tun: Die Ordnung in der Stadt, die Versorgung der Bevölkerung, die Produktion in den Betrieben zu sichern...“
Das alles bewerkstelligte Waldemar Kleinschmidt, zuvor Stadtrat für Finanzen aus der Ost-CDU, nach innen mit Strenge, nach außen mit Charme. Ein Glücksfall.
Nein, geschont hat er sich nicht. Erst als die Öffentlichkeit schon darüber sprach, dass er immer die gleiche Jacke trage, nahm er sich Zeit, im „konsument“-Horten eine zweite zu kaufen. Urlaub kannte er Jahre nicht. Ihm genügten die Sonne über Cottbus und dann die BuGa, der Aufstieg des Fußballs.
Am 6. Dezember 1989 fiel - eben wegen dieses schnellen „Ja“ - die „vorläufige“ Wahl auf Kleinschmidt. Er als Optimist sah in der Gefahr eine Chance. Horntrich definiert: „Freiheit und Demokratie waren Maxime seiner inneren Überzeugung, gepaart mit der Bereitschaft zu verantwortungsvollem Dienst an der Gesellschaft.“ Ein Philantrop? Wohl auch. Vor allem aber ein Glücksfall.
Am 26. Mai 1990 folgte die geheime offizielle Wahl zum Stadtoberhaupt. Mit 69 von 89 möglichen Stimmen - Kleinschmidt diktierte der Presse: „Das Ergebnis ist so, dass man darauf bauen kann.“
Und schon begannen die Center-Debatten: Acht Projekte konkurrierten. Hauen und Stechen im Wendesturm. Der neue OB geriet nach Grundstückverkäufen in die Kritik. „Es war erklärte Absicht, Handwerkern Vorteile zu verschaffen, um Gewerbe zur fördern“, erläuterte er. Mutig. Ein Glücksfall.
Dickköpfig wie einst Paul Werner fürs Theater, rackerte Kleinschmidt, noch immer in der Platte in Sachsendorf wohnend, für die Bundesgartenschau. Und er träumte laut von kühner Architektur für Cottbus: „Etwas total Verrücktes - dafür bin ich zu begeistern...“ Jetzt hatte er bereits Pückler leitmotivisch vor Augen.
Die Bäume wuchsen im BuGa-Park und sogar auf dem BTU-Campus, aber sie wuchsen politisch nicht in den Himmel.
Querelen aller Art wären nicht das Problem für Kleinschmidt und Cottbus gewesen, aber die im Lande sowieso schwächelnde CDU zerbrach nun auch in Cottbus. Der Löwe brüllte vor leerem Haus, und Enttäuschung beugte den Fall nun ohne Glück.
Ein Zitat jener Zeit lautet: „Ich habe nicht geglaubt, dass Neid und Egoismus so schnell um sich greifen. Das sind schlechte Begleiter. Ich wünsche mir stattdessen Toleranz, Solidarität, gesamtstädtisches Denken.“
Seine Ära als OB endete im Frühjahr 2002; der von ihm vorgeschlagene Nachfolger scheiterte an fehlender Umsicht, die Cottbuser Zustände wurden schon bald als “mafiaähnlich“ beschrieben. Kleinschmidt versuchte eine Flucht nach vorn, strebte ein Bundestags-Direktmandat an und litt im Wahlkampfsommer 2002 ohne jeglichen Rückhalt. Für die bessere Finanzausstattung der Kommunen wollte er in Berlin kämpfen. Als vormaliger Präsident des Städtetages hätte er womöglich Gehör gefunden.
Sein Blick auf die Dinge ist bis heute scharf, seine Begeisterung für Cottbus ungebrochen. Montag wird er mitten in der Stadt, im Lobedanhaus, feiern. Er gehört mitten in die Stadt. Er bleibt für Cottbus ein Glücksfall. H.

Am Jahrestag ihrer Wahl (Mai 1990) treffen sie sich immer noch: Waldemar Kleinschmidt mit Eberhard Sattler (Wirtschaftsdezernent), Dr. Sabine Blume (Gesundheit/Soziales), Dr. Manfred Schneidenbach

Am Jahrestag ihrer Wahl (Mai 1990) treffen sie sich immer noch: Waldemar Kleinschmidt mit Eberhard Sattler (Wirtschaftsdezernent), Dr. Sabine Blume (Gesundheit/Soziales), Dr. Manfred Schneidenbach Foto: J. Heinrich



Um seine Stadt wirkungsvoll ins Bild zu setzen, ließ Waldemar Kleinschmidt keine Gelegenheit aus - vom Zirkus bis zum „Musikantenstad’l“, vom Planierraupenstand bis zum Tanz inmitten der Wendischen Trachten. Auch dafür liebten ihn die Cottbuser

Um seine Stadt wirkungsvoll ins Bild zu setzen, ließ Waldemar Kleinschmidt keine Gelegenheit aus - vom Zirkus bis zum „Musikantenstad’l“, vom Planierraupenstand bis zum Tanz inmitten der Wendischen Trachten. Auch dafür liebten ihn die Cottbuser Foto: CGA-Archiv

 

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