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Bildungsministerium sieht
Ausweichschulen als akzeptabel an
Anfrage von Jürgen Maresch zur Schließung der Gubener Förderschule beantwortet

Guben/Potsdam (MB). Die Landesregierung antwortete dem Landtagsabgeordneten Jürgen Maresch (Linke) auf zahlreiche Fragen zur bevorstehenden Schließung der Förderschule in Guben. „Ich persönlich empfinde die Aussagen als bedenklich, wenn nicht sogar als untragbar. So wird zum Beispiel dargestellt, dass die Förderschule (Spreeschule) in Cottbus in baulich gutem Zustand sei und genug Aufnahmekapazitäten vorhalte. Dies ist schlicht falsch. Ein Teil der Förderschule in Cottbus muss sogar aus feuerwehrtechnischen Gründen geschlossen und erst ertüchtigt werden“, kommentiert der Abgeordnete die Antworten. Hier die ungekürzten Fragen des Abgeordneten und Antworten der Landesregierung:

Wortlaut der Kleinen Anfraqe 1111 vom 22.02.2011:

Nach einschlägigen Presseberichten beabsichtigt das Schulamt Cottbus die oben genannte Förderschule zu schließen. Dies wird durch das Schulamt mit der geringen Auslastung der Förderschule begründet.
Nach Zeitungsberichten lernen derzeit 19 Schüler an der Schule. Laut brandenburgischen Schulgesetz beträgt jedoch die Mindestschülerzahl 24. Weiterhin konnte man aus Presseberichten entnehmen,
dass das Schulamt vorschlägt, dass die betroffenen Schüler an Förderschulen in Cottbus, Eisenhüttenstadt und Neuzelle ausweichen könnten, die beabsichtigte Schulschließung hilft auf großes Unverständnis bei den Betroffenen, den Eltern und
zahlreichen Lokalpolitikern in Guben. Vor allem die Argumentation des Schulamtes, das die Schüler ja ausweichen könnten ist unverständlich, da es sich in den meisten Fällen um schwerstbehinderte Schüler handelt, die die großen Entfernungen nur sehr schwer bewältigen können.

lch frage die Landesregierung:

1. Warum soll die Schule in Guben geschlossen werden?

2. Was für Schüler, mit welchen Behinderungsgrad besuchen derzeit die Förderschule in Guben?

3. Wie ist der bauliche Zustand der besagten Förderschule in Guben?

4. Wie ist der bauliche Zustand der Förderschulen für geistig gehandicapte Schüler in Cottbus, Eisenhüttenstadt und Neuzelle?

5. Welche Aufnahmekapazitäten haben die Förderschulen für geistig gehandicapte Schüler in Cottbus, Eisenhüttenstadt und Neuzelle ab dem nächsten Schuljahr?

6. Besteht die Möglichkeit, die betroffenen Förderschule in Guben zum Beispiel als Nebenstelle weiter zu betreiben?

7. lst der Landesregierung das Weg - Zeit - Verhältnis von Guben an besagte andere Schulen in Cottbus, Eisenhüttenstadt bzw. Neuzelle bekannt? Wenn ja, wie schätzt die Landesregierung dieses Verhältnis für die gehandicapten Schüler ein?


8. Wie will die Landesregierung den Ängsten, Nöten und Sorgen der betroffenen Eltern über die Schließung der Förderschule begegnen?

9. Besteht seitens der Landesregierung grundsätzlich Überlegungen, das brandenburgische Schulgesetz dahingehend zu verändern, dass die Mindestzahl bei schwerstbehinderten Schülern an Förderschulen, vor allem in ländlichen Raum, nach unten korrigiert werden könnte?
Wenn ja, Welche ? Wenn nein, Warum nicht?

10. Die Direktorin der betroffenen Schule in Guben wollte auf mein Bitten hin weder mit mir sprechen, noch irgendeinen anderen Kontakt zu mir herstellen. Gibt es seitens der Landesregierung hierzu Vorgaben, wie sich Direktoren von Schulen gegenüber gewählten Abgeordneten zu verhalten haben?

11. Wie schätzt die Landesregierung das Verhalten der betroffenen Direktorin ein?

Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt:

Vorbemerkung:
Die vom Fragesteller thematisierte Entwicklung hat der Landkreis Spree-Neiße bereits in seinem Schulentwicklungsplan für den Zeitraum 2007 bis 2012 so prognostiziert. Dort findet sich die Aussage: ,,Im
/nferesse eines in zumutbarer Entfemung vozuhaltenden Schulangebotes für die Knder mit dem Förderschwerpunkt
der geistigen Entwicklung im Einzugsbereich der Schule in Guben wird der Landkreis die Schule so lange wie möglich aufrecht erhalten. Für die kommenden 2 Schuljahre kann dies angenommen werden. Die dann noch vorhandenen Schüler und die zu erwaftenden Zugänge führen aus heutiger Sicht zu der Einschätzung, dass ern geordneter Schulbetrieb nicht mehr möglich ist, ln Abstimmung mit der Stadt Guben muss geprüft werden, in welchem Umfang integrative Beschulungsmöglichkeiten für Kinder mit geistiger Behinderung an den städtischen Schulen bzw. auch an den Grundschulen der entsprechenden Gemeinden möglich sind. Unter Berücksichtigung der Elternwünsche wird es jedoch auch unumgänglich sern, enfsprechende iächsterreichbare Schulangebote in Betracht zu ziehen."


Die Entwicklung ist also seit langer Zeit bekannt, Dennoch ist der Schulträger seiner Verpflichtung gemäß § 105 Abs. 3 Brandenburgisches Schulgesetz (BbgSchulG) nicht nachgekommen, einen Auflösungsbeschluss für die Schule herbeizuführen.

Frage 1:
Warum soll die Schule in Guben geschlossen werden?

Zu Frage 1:
Die Voraussetzungen für die Fortführung der Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt ,,geistige Entwicklung" in Guben sind nicht mehr gegeben, Gemäß $ 105 Abs. 1 Nr, 3 BbgSchulG kann eine Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt ,,geistige Entwicklung" fortgeführt werden, wenn mindestens vier Lernstufen gebildet werden können, die im Durchschnitt den Frequenzrichtwert erreichen. Der Frequenzrichtwert für diese Schulen erfordert gemäß Nummer 11 Abs, 2 Buchst. c der Venrualtungsvorschriften über die Unterrichtsorganisation die Anzahl von 6 Schülerinnen und Schülern. Die Mindestschülerzahl beträgt somit 24 Schülerinnen und Schüler. Die Förderschule in Guben würde im Schuljahr 201112012 nur noch über 16 Schülerinnen und Schüler verfügen. Damit ist ein geordneter Unterrichtsbetrieb mit einem vielseitigen pädagogischfachlichen Angebot nicht mehr gewährleistet.

Frage2:
Was für Schüler, mit welchen Behinderungsgrad besuchen dezeit die Förderschule in Guben?

Zu Frage2:
Für alle Schülerinnen und Schüler wurde ein sonderpädagogischer Förderbedarf hinsichtlich ihrer ,,geistigen Entwicklung" diagnostiziert, Sechs Schülerinnen und Schüler sind außerdem auf einen Rollstuhl
angewiesen.

Frage 3:
Wie ist der bauliche Zustand der besagten Förderschule in Guben?

Zu Frage 3:
Der bauliche Zustand der Förderschule in Guben ist gut und erfüllt alle räumlichen Anforderungen.

Frage 4:
Wie ist der bauliche Zustand der Förderschulen für geistig gehandicapte Schüler in Cottbus, Eisenhüttenstadt und Neuzelle?

Zu Frage 4:
Der bauliche Zustand der Schulen mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt ,,geistige Entwicklung" in Cottbus und Eisenhüttenstadt ist gut, Sie erfüllen die Anforderungen für den hier betreffenden Förderbedarf. Gleiches gilt auch für die Schule in freier Trägerschaft in Forst, soweit dies aus dem Schulporträt hervorgeht. Uber den baulichen Zustand der Schule in Neuzelle liegen keine Daten in dem Schulporträt vor, wobei es sich auchier um eine Schule in freier Trägerschaft handelt.

Frage 5:
Welche Aufnahmekapazitäten haben die Förderschulen für geistig gehandicapte Schüler in Cottbus, Eisenhüttenstadt und Neuzelle ab dem nächsten Schuliahr?

Zu Frage 5:
An den öffentlichen Schulen mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt ,,geistige Entwicklung" in Cottbus und Eisenhüttenstadt stehen ausreichende Kapazitäten für die Aufnahme der Schülerinnen und Schüler aus der Förderschule Guben zur Verfügung, Nach gegenwärtigem Stand haben sich die Eltern von acht Schülerinnen und Schülern für den Schulbesuch ihrer Kinder in Eisenhüttenstadt entschieden. Die Eltern von zwei Kindern haben die Förderschule in freier Trägerschaft in Forst gewählt. Für zwei Schüler erfolgt gegenwärtig eine Beratung der Eltern zur Aufnahme in der Werkstatt für behinderte Menschen am Standort Guben. Vier Elternhäuser haben sich bisher noch nicht entschieden.

Frage 6:
Besteht die Möglichkeit, die betroffenen Förderschule in Guben zum Beispiel als Nebenstelle weiter zu betreiben?

Zu Frage 6:
Der Betrieb der Förderschule in Guben als Nebenstelle hat die gleichen Probleme zur Folge wie die Fortführung als eigenständige Schule und ist daher nicht möglich.

Frage 7:
lst der Landesregierung das Weg - Zeit - Verhältnis von Guben an besagte andere Schulen in Cottbus, Eisenhüttenstadt bzw. Neuzelle bekannt? Wenn ja, wie schätzt die Landesregierung dieses Verhältnis
für die gehandicapten Schüler ein?

Zu Frage 7:
Zu den bisher von Eltern gewählten Förderschulen bestehen folgende Wegshecken und Fahzeiten:

Eisenhüttenstadt: Entfernung ca, 30 km Fahzeit ca. 30 min
Forst: Entfernung ca, 35 km Fahzeit ca. 35 min.

Zu den übrigen Förderschulen ergeben sich folgende Werte:

Neuzelle: Entfernung ca. 20 km Fahzeit ca, 20 min
Cottbus: Entfernung ca, 45 km Fahzeit ca. 45 min.

Die Landesregierung betrachtet die Verlängerung von Schulwegzeiten in jedem Einzelfall als nachteilig für die betroffenen Schülerinnen und Schüler. Das gilt insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt ,,geistige Entwicklung". Gleichzeitig ist eine Abwägung zu treffen zwischen Fahzeiten und einem guten pädagogischen Angebot für die Schülerinnen
und Schüler. Der Landkreis Spree-Neiße ist als Träger der Schülerbeförderung aufgefordert, den Transport für die Schülerinnen und Schüler möglichst optimal zu gestalten.

Frage 8:
Wie will die Landesregierung den Angsten, Nöten und Sorgen der betroffenen Eltern über die Schließung der Förderschule begegnen?

Zu Frage 8:
Für alle Eltern erfolgte am 07.02.2011 durch das staatliche Schulamt gemeinsam mit der jeweiligen Klassenleiterin bzw. dem Klassenleiter sowie der Rektorin eine Beratung innerhalb der einzelnen Jahrgangsstufen, Hier wurden die Eltern sachgerecht zum Grunder notwendigen Schließung der Schule informiert. Zu allenächstgelegenen Schulen mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt ,,geistige
Entwicklung" erhielten die Eltern umfängliche Informationen zur Ausstattung, Anzahl der Schülerinnen und Schüler, des Personals sowie zu den inhaltlichen Schwerpunkten. Besichtigungstermine dieser
Schulen wurden durch die Rektorin organisiert, als gemeinsame Fahrt in Begleitung der Klassenlehrkraft mit Gesprächen in der evtl, aufnehmenden Schule, In der vorgenannten Beratung wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, Kinder einer Lernstufe gemeinsam
am gewünschten Schulstandort unterrichtlich zu fördern. Diese pädagogisch sinnvolle Variante wurde von den Eltern mehrheitlich genutzt.


Frage 9:
Besteht seitens der Landesregierung grundsätzlich überlegungen, das brandenburgische Schulgesetz dahingehend zu verändern, dass die Mindestzahl bei schwerstbehinderten Schülern an Förderschulen,
vor allem in ländlichen Raum, nach unten korrigiert werden könnte?
Wenn ja, Welche ?
Wennein, Warum nicht?

Zu Frage 9:
Es bestehen keine Überlegungen, die Mindestbedingungen für die Fortführung von Schulen mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt ,,geistige Entwicklung" zu verändern.
Eine altersangemessene und den Behinderungsgrad berücksichtigende individuelle Betreuung und Förderung der einzelnen
Schülerinnen und Schüler erfordern eine Mindestgröße von Schulen. An größeren Standorten wie Forst und Eisenhüttenstadt ist dies aufgrund der deutlich größeren Vielfalt der Angebotspallette für eine individuelle Differenzierung gegeben.

Frage 10:
Die Direktorin der betroffenen Schule in Guben wollte auf mein Bitten hin weder mit mir sprechen, noch irgendeinen anderen Kontakt zu mir herstellen. Gibt es seitens der Landesregierung hiezu Vorgaben,
wie sich Direktoren von Schulen gegenüber gewählten Abgeordneten zu verhalten haben?

Frage 11:
Wie schätzt die Landesregierung das Verhalten der betroffenen Direktorin ein?

Zu den Fragen 10 und 1 1:
Gemäß Nummer 13 Abs. 6 der Verwaltungsvorschriften über die Organisation der Schulen in inneren und äußeren Schulangelegenheiten (VV-Schulbekieb) bleibt das Recht der Abgeordneten des Landtages
auf Zugang zu den Schulen gemäß Artikel 56 Absatz 3 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg unberührt von den für andere Personen geltenden Einschränkungen. Darüber hinausgehende
spezielle Vorgaben über das Verhalten von Schulleiterinnen und Schulleitern gegenüber Landtagsabgeordneten bestehen nicht.
lm konkreten Fall sah sich die Schulleiterin einem starken öffentlichen Druck ausgesetl. Sie hat deshalb auf Anfrage gegenüber dem Büro des Fragestellers darum gebeten, sich an das Staatliche Schulamt
Cottbus zu wenden, das als zuständige untere Landesbehörde für die hier in Rede stehenden organisatorischen Entscheidungen verantwortlich ist. Das Verhalten der Schulleiterin ist nicht zu beanstanden.

 

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