aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Die ganz normale Familie
Anmerkungen zum Erfolgsstück in TheaterNative C

Cottbus. Er hat sich’s nicht leicht gemacht, ein spielbares Weihnachtsstück zu finden und dann als Regisseur hart gefeilt an präzisen, brillant skizzierten und durchgespielten Typen: Gerhard Printschitsch genießt nun die Stempel in roten Versalien auf vielen Programmplätzen: AUSVERKAUFT.
„Süßer die Glocken“ ist ein schönes Boulevardstück voller Bonmots, Gags und Wortspiele, ein Spielplatz für lustvoll lästernde Komödianten. Beim Österreichischen Stückeschreiber Stefan Vögel (Jg. 1969) wurde Printschitsch fündig, und er kommt mit dem frontalen Humor seines Landsmannes ganz vorzüglich zurecht.
Schrullig und verschroben jeder für sich, ergeben sich in vorabendlich Guter Stube beim Baumschmücken mit examinierter „Haltung zu Lametta“ Szenen einer höchst normalen Familie. Großvater Jacob (Siefried Wallendorf) pustet Zigarrenrauch und Brummig-Boshaftes um sich, so dass seine Getreue alle Kraft aufbringen muss, ihre Vorfreude auf Kerzen, gedeckten Tisch und ihren Hirschbraten wieder und wieder zu polieren. Christina Arndt hüpft vor Glück und schmeichelt alle Widerborstigkeiten aus der Welt. Ihre charakterstarke, emanzipierte Tochter Cornelia Jahr stellt sich in fast vornehmer Klugheit als Abbild der Mutter dar. Auch sie lässt ihrem Mann ein Stück Glaube an altes Patriarchat, doch erst die frühreife Tochter (Suzanne Kockat), dann die Arbeitswelt, die ihn ausstößt, zeigen ihm Stützen wahren Halts. Hartmanns Ausdrucksmittel im Gefühlskarussell sind beträchtlich.
Null-Bock-Sohn Sebastian Thiele hält sich ebenso konsequent ans Verweigern, wie im Gegensatz dazu Wolfram von Stauffenberg südländisches Temperament über die inzwischen kaum noch zu schreckende Familie gießt. Der alte Onkel (Hans Strzelczyk) kann zwei Dinge besser als jeder: schlucken und lachen.
Zu Letzterem hat das Publikum reichlich Gelegenheit. Der starke Applaus ist verdient. J.Hnr.

Sie hat nicht nur ihren Hirschbraten fest im Griff: Christiane Arndt als Hausvorstand

Sie hat nicht nur ihren Hirschbraten fest im Griff: Christiane Arndt als Hausvorstand

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