aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Gesungenes Tagebuch
Anne-Frank-Texte als Mono-Oper in Cottbus

Das „Tagebuch der Anne Frank“, sensible Reflexionen zweier Jahre, die die Jüdin Anne Frank in Amsterdam vor der
Gestapo versteckt verbringen musste, ehe sie dann doch umkam, ist in über 50 Sprachen übersetzt worden und diente als Sujet für Theaterstücke, Filme und Hörspiele. Die von Grigori Frid 1969 vollendete „Mono-Oper“ für Sopran und Kammerorchester wurde 1972 uraufgeführt, später für Singstimme und Klavier bearbeitet. Diese Fassung liegt der Inszenierung am Staatstheater Cottbus in der Kammerbühne zu Grunde.
Die marokkanische Sängerin Judith Madir (Gesine Forberger) probt auf einem Platz ihre Partie: Texte aus dem Tagebuch der Anne Frank. Die (stummen) Rollen eines Zeitungslesers (der „Heutige“, Thomas Mietk), eines Rechtsradikalen (des „Ges-trigen“, Sebastian-A. Bütow), einem Flaschensammler (des „armen Mannes“, Jakob Grundmann) und des jungen Mädchens (der „Künftigen“, Alexa Staar) stellen sich in Bezug zum Gehörten. Sie provozieren sie, greifen die Probende an, die Situation eskaliert. Körperliche Gewalt wird gegen sie gerichtet, Steine werden geworfen - eine Filmeinblendung erinnert jäh an Geschehnisse in Rostock und Hoyerswerda.
Gesine Forberger stimmlich ziemlich ausgereizt, gibt den
Tagebuch-Textvertonungen nur
an wenigen Stellen Wärme, obwohl doch die Eintragungen teilweise unerwartet optimis-tisch sind. Die Klavierbegleitung, musikalische Leitung ohne jede Unsicherheit und mit großer Umsicht Frank Bernard, hilft nur an wenigen Stellen, den Gesangspart zu stützen. Beeindruckend die Bühne (Hauke Tesch): 18 unterschiedlich große Quader, an das Holocaust-Mahnmal in Berlin erinnernd, engen den Bewegungsraum der Sängerin ein, nehmen ihr den Atem, werden zu Losungen und übermächtig groß, wollen den Gesang verstummen lassen - verstummen bis zum Schweigen.
Wenn auch der Premierenapp-laus wohlwollend reichlich ausfiel, werden es kommende Aufführungen hoffentlich nicht schwer haben, die Kammerbühne zu füllen. B.W.

 

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