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„Ich bin ein Landrat zum Anfassen“
Harald Altekrüger zieht nach 100 Tagen im Amt erste Bilanz /
Mittelstand hat oberste Priorität

Forst (ha). Nein, einen sanften Start habe er nicht gehabt, sagt Landrat Harald Altekrüger gute 100 Tage nach seinem Einzug ins Kreishaus. Eigentlich waren die 100 Tage schon am 17. August um, doch da habe er sich getraut, einen Kurzurlaub einzuschieben, entschuldigte er sich fast in einem Bilanzpressegespräch. Der Rettungsdienst-Streit sei seine erste große Lehrstunde gewesen. „Es mussten Entscheidungen getroffen werden, um die Kiste nicht gegen den Baum fahren zu lassen, und das habe ich auch getan“, begründet er nachträglich den Stopp des Ausschreibungsverfahrens. Die neue Ausschreibung ist im Gange, nächste Woche werden der gebildeten Arbeitsgruppe mit Vertretern aller Fraktionen die Bewerber vorgestellt. Die Entscheidung soll dann rechtzeitig in einem Sonderkreistag fallen. „Ein Kompromiss ist meist nicht die beste Lösung, aber wir können damit leben“, spielt er auf die geforderte Bildung eines Eigenbetriebes ‘Rettungsdienst’ an. Die Machbarkeitsuntersuchung werde ein klares Ergebnis liefern, kündigte er an.
In den ersten 100 Tagen hat er intensiv den Landkreis bereist. „Im Wahlkampf hatte ich bereits bemerkt, wie groß er ist. Es ist ein wunderbarer Landkreis mit unzähligen Dörfern, die Erstaunliches auf die Beine gestellt haben.“ 6?000 Kilometer war er vor der Wahl privat unterwegs, um die Einwohner zu überzeugen. Und auch jetzt will er nah am Bürger sein, nimmt sich bei seinen Terminen - auch am Rande - viel Zeit für Gespräche. „Ich möchte ein Landrat zum Anfassen sein. Meine Bürgersprechstunden dienstags werden sehr gut angenommen, ich habe sie schon um eine Stunde verlängert, und doch reicht die Zeit meist nicht aus.“ Er schätzt die Offenheit der Bürger, mit Kritik könne er gut umgehen. Aber es kommen auch viele Einladungen und bereits Dankeschön-Besuche.
Für die Wirtschaft sieht er seine wichtigste Aufgabe darin, den Mittelstand zu pflegen und zu erhalten. „Der Mittelstand rekrutiert die meisten Arbeitsplätze in unserem Kreis. Und Arbeitslose haben wir noch viel zu viele. Auch die Landwirte gehören zum wichtigen Mittelstand, allein hier sind über 1?000 Menschen beschäftigt.“ Kontakte habe er in alle Richtungen geknüpft. Wie in Drebkau will er auch in den anderen Kommunen Unternehmertreffs initiieren. „Die Unternehmer befruchten sich so gegenseitig, können voneinander profitieren und neue Ideen auf den Weg bringen.“ Ideen gebe es auch für den Flugplatz Drewitz. „Nachdem die Ausschreibung ja gescheitert ist, gibt es nun sehr hoffnungsvolle Gespräche. Wir werden hoffentlich bald ein Ergebnis verkünden können“, spricht er ein Vorhaben an, das in den Händen seines Vorgängers mehrmals scheiterte. Aber auch Harald Altekrüger musste Schlappen einste­cken. Die Schlimmste sei für ihn der Fall Konsum Weskow. „Vor dem ersten Gespräch war ich voller Zuversicht. Wir haben Lösungen gefunden, doch die scheiterten, weil nicht alle Seiten mitzogen.“ Nun sieht auch er keine Rettungsaussicht mehr für das Haus.
Ein Zusammengehen mit Cottbus dagegen sei eine langfristige Aufgabe, die Schritt für Schritt gelingen wird. „Wir beide, Frank Szymanski und ich, haben ein Finanzproblem. Doch bei einem Zusammengehen darf es keinen zweiten Gewinner geben“, stellt er klar. Mit dem OB verstehe er sich gut und sei im ständigen Gespräch. Auch mit seiner Ehefrau Roswitha. Sie ist nach wie vor seine wichtigste Kritikerin und oft Begleiterin bei Dienstfahrten - privat finanziert, versteht sich. Auch das hilft an den zwölf- bis 14-Stunden-Arbeitstagen.

Trotz vollem Terminkalender für täglich mehr als zwölf Stunden blickt Harald Altekrüger an diesem Wochenende aufmerksam nach Drebkau. Dort wird Sonntag ein neuer Bürgermeister gewählt

Trotz vollem Terminkalender für täglich mehr als zwölf Stunden blickt Harald Altekrüger an diesem Wochenende aufmerksam nach Drebkau. Dort wird Sonntag ein neuer Bürgermeister gewählt Foto: J. Ha.

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