aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Spiegelhof der Schlipse
Anmerkungen zu „Genoveva“ in Schülers Lesart

Cottbus (MB). Frappierend, wie wenig es bedarf, einen glänzenden Hofstaat mit Unwohlsein auszustatten. Allgegenwärtig, wie in Verwaltung und Banken, sind die unwägbar glatten Schlipsträger, jegliche Intimität schreit aus Spiegellabyrinthen. Die Schumann-Oper, wohl selten gut aufgeführt und somit fast vergessen, erlebt hier aus kreativem Triumvirat weihevollen Glanz: Die wunderschöne, anhaltend liedhafte Musik setzt Evan Christ mit seinem Orchester erregend um, die Höhepunkte, die durchkomponierter Musik fehlen, inszeniert Martin Schüler mit Heftigkeiten hinein, die das Herz ergreifen, und er kann sich dabei einer vollkommen schlüssigen Ausstattung von Gundula Martin bedienen, bei der es keinerlei Staffage, nur Funktionales, bisweilen Geniales, gibt.
Die Geschichte der Oper erzählt sich leicht: Pfalzgraf Siegfried geht auf Kreuzzug, vertraut Golo, seinem „Bastard“ mit der hexenden Hofdame Margaretha, seine Frau Genoveva an. Golo, ein Feigling, liebt und bedrängt sie. Die Hofintrige ergießt sich über die edle, feinsinnige Genoveva. Es ist Raum für große Gefühle, dramatisches Leiden, herzzerreißendes Schmachten - immer in optisch und klanglich überzeugenden Bildern. Eine tolle Entdeckung, die Schüler mit seiner Lust auf Seelentiefe in heutiger Frische wieder einmal gelungen ist.
Gesine Forberger singt die Pfalzgräfin in reiner Klarheit, strahlend selbst im Verzweifeln, und spielt sie angemessen verhalten. Fies, feige und mit eingeknickten Knien hängt der nicht einmal kriegstaugliche Versager Golo um sie herum, ein Ritter von traurigster Gestalt, den Jens Wilde so verinnerlicht darbringt, dass ihn kein Mensch im Parkett mehr mag und die Leute seine feine gesangliche Leistung mit nur schnödem Applaus abstrafen. Was gibt er auch so gut diesen Mistkerl!
Pfalzgraf Andreas Jäpel plustert sich gehörig auf, ein Mann, der seine Gesetze kennt und seinem Gott mit dem Schwerte dient. Solide gemacht. Umherschleichend ist Heidi Jütten die Strippenzieherin Margaretha. Dem Chor sind kleine Aufgaben, eben als Schlipsträger-Gefolge, zugedacht - nicht fass-, nicht belastbar, nicht ungefährlich in der Spiegelwelt. Eine starke Ensembleleistung fand viel Beifall. J. Heinrich

Szenenfoto mit (im Vordergrund): Gesine Forberger (Genoveva) und Andreas Jäpel (Siegfried)

Szenenfoto mit (im Vordergrund): Gesine Forberger (Genoveva) und Andreas Jäpel (Siegfried) Foto: Marlies Kross

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