Cottbus (MB). Sie war nur neun Jahre mit
dem Grafen und dank ihrer verwandtschaftlichen Beziehung bald
zum Fürsten ernannten Hermann von Pückler verheiratet,
lebte aber - über Jahre seiner weiten Reisen nur brieflich
mit ihm verbunden - insgesamt 37 Jahre mit ihm zusammen. In Muskau
leitete sie in seiner Abwesenheit die Parkarbeiten und hatte zum
Dank die Demütigung durch eine
Mätresse Machbuba hinzunehmen. Sie riet schließlich
ihrem Meister, sich für Branitz als neue Lebensmitte zu entscheiden,
wohnte am Ende, da sie während der Umbauarbeiten einige Jahre
in Dresden blieb, nur etwa zwei Jahre im Schloss. Hier aber fand
sie im Park ihre letzte Ruhestätte?
Wer und wie war diese außergewöhnliche Frau?
Kulturland-Thema
Der 200. Todestag der ebenso zauberhaften wie couragierten Königin
Luise (sie verhandelte anstelle ihres etwas unbeholfenen Königs-Gatten
Wilhelm III. von Preußen mit Napoleon über Friedensbedingungen)
war dem Kulturland-Brandenburg-Verein Anlass, sein 13. Themenjahr
in Folge den üblicherweise im Schatten geltungsreicher Männer
stehenden Frauen Brandenburg-Preußens zu widmen. Lucie von
Hardenberg, geschiedene von Pappenheim und schließlich Fürstin
auf Muskau und Branitz, war zu solchem Anlass nicht zu übersehen.
Ob die Grüne Fürstin Lucie und die königliche Luise
sich je im Leben bewusst begegneten, hat wohl bislang niemand
recherchiert; beide sind aber mit nur 30 Tagen Abstand im März
und April 1776 in Hannover geboren. Lucie war das zweite Kind
des späteren Staatskanzlers von Hardenberg und seiner damals
17jährigen dänischen Gattin. So hatten also Lucie und
ihr späterer Lou (Kosename für Fürst Pückler)
schon mal ein gemeinsames Defizit: Viel zu junge Mütter und
vermutlich wenig Nestwärme. Sie hatten aber noch viel mehr
Gemeinsames; vor allem hohe Intelligenz, vorzügliche Bildung
und die Fähigkeit zu ergebnisorientierter Kommunikation.
Was von alledem ist zu sehen oder zu erspüren in der Branitzer
Ausstellung, die diese Woche würdig und mit erfreulich großer
Resonanz bei kulturbeflissenen Cottbusern eröffnet wurde?
Originales von Lucie
Vieles erzählt diese Ausstellung über die Fürstin,
vieles und erfreulich unpathetisch. Einem grünen Flurteppich
folgend, steht der Gast unversehens in Lucies Kleiner Saalstube,
auch Rote Stube genannt. Hier lebte, arbeitete und schlief sie
auch. Ein dunkelgrüner Vorhang trennt den rechten Teil des
Raumes mit Bett, Schrank und Nachttisch ab. Dieser Vorhang, sein
Gardinengestell, der Schrank, die Liege und auch der Schreibtisch
sowie einige weitere Utensilien sind nachweislich aus Lucies Besitz,
zumeist deutlich gebrandmarkt.
Die Stimmung im kraftvollen Farbkontrast, die Fülle der Grafiken
an den Wänden, die vielen sonstig hinzugefügten Details
bringen uns der Person nahe und öffnen uns für vielfältige
Informationen über ihren Bekanntenkreis, ihre umfangreiche
Korrespondenz, ihre energische Zielstrebigkeit und auch ihre geradezu
geniale Nachsichtigkeit gegenüber dem Fürsten, den sie
wohl trotz all seiner Schrullen bewunderte. Sie war es, die in
seinen Briefen die über das Private hinausgehende Bedeutung
erkannte und ihn hinaufhob in den Olymp der Dichter.
Privates, auch zur Beziehung zwischen Lucie und ihrer Tochter
und ihrer Pflegetochter sowie über die erste Ehe mit Pappenheim
wird ebenso sorgfältig präsentiert, wie die gesellschaftliche
und wirtschaftliche Situation jener Zeit, in der die Pücklers
zwischen Muskau bzw. Branitz und Dresden, Berlin oder Paris unterwegs
waren. Für Cottbus, das stellte Kulturdezernent Berndt Weisse
heraus, war und bleibt Fürstin Lucie ein Glücksfall,
denn der edle Begriff Branitz gibt dem tristen Cottbus seit 1845
Glanz. Kultur- und Bildungsministerin Martina Münch lobte
das Engagement der Branitzer Stiftung für diese Ausstellung,
auch die Großzügigkeit von Sparkasse und Vattenfall,
das Projekt finanziell zu sichern. Mut und Anmut der Frauen Brandenburgs
und Preußens, so die Ministerin, sollten Anlass zu vielen
Begegnungen bleiben.
Die Ausstellung wird begleitet von Ausgabe 5 der edition
branitz mit Aufsätzen über das fürstliche
Paar, seine Gärten und seine Briefe. Hier wie auch als Konzipierende
der Ausstellung ragt Beate Schneider mit ihrem Beitrag über
Lucie heraus.
Weitere Autoren sind Christian Friedrich und Volkmar Herold, die
das Thema auch in den Branitzer Briefen dieser Lausitzer
Heimatzeitung noch beleuchten werden, sowie der Soziologe Ulf
Jacob, der über den Dichter Heinrich Laube schreibt, Anne
Schäfer, die über die Gärtnerin Lucie von Pückler
nachdenkt, Anne-Katrin Zisak mit
einem Text über Preußens Staatskanzler von Hardenberg
sowie Petra Kabus, die den Briefwechsel der Pücklers während
Hermanns Englandreise behandelt. Diese Begleitpublikation kostet
9.80 Euro.
Stiftungsdirektor Gert Streit hat allen Beteiligten sehr herzlich
gedankt und dürfte viel Freude an reger Resonanz haben.
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Lucie Gräfin
von Pappenheim war eine sehr schöne, vor allem aber intelligente
und selbstbewusste Frau. Dieses Gemälde von Gustav Feckert
entstand idealisierend nach einem weniger glücklich gelungen
scheinenden aber zeitgerechten Gemälde von Schröder,
das auch in der Branitzer Ausstellung gezeigt wird
links:
Lucie von Hardenberg-Reventlow als vielleicht 8jähriges Mädchen,
Pastell eines unbekannten Künstlers
rechts:
Das bekannteste Bild der
schon betagten Fürstin -
ein bearbeitetes Foto von 1853
In der Kleinen Saalstube saß Fürstin Lucie von Pückler
an diesem Schreibtisch und hatte einen schönen Blick in den
Park. Die Wände waren kabinettartig mit 103 Grafiken geschmückt,
mit denen sich die alte Dame Personen und vertraute Stätten
in ihren Tageslauf holte Fotos: J. Haberland
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