aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Krach in der Kuschelecke
Anmerkungen zu einem neuen wild gewordenen Klassiker: „ManSpieltNichtMitDerLiebe“

Cottbus. Mit den „auf den Kopf gehauenen Klassikern“ ist das so eine Sache. Kann der Zusatz „Die Jungen Wilden“ Generalamnestie für den Verzicht auf Gründlichkeit und Tiefgang sein? So jung sind die Jungen Wilden nun ja auch nicht mehr, als dass sie nicht imstande wären, mehr als Lärm und Hektik auf die Bühne zu bringen. So wie es ist, kann ein Stück schon mal am Publikum vorbeiradeln, trotz Plüschtierbergen, Federschmuck und anderlei Tand.
Nein, dieses lärmhafte Spiel oder Nicht-Spiel mit der Liebe nach Alfred de Musset (1810-1857) wird dem Ansatz, Romantik heutig zu hinterfragen, nicht gerecht. Der hier wenig bekannte Dichter hat das Stück 1834 herausgebracht, und aus dem leidenschaftlichen literarischen Umfeld jener Epoche sind die tiefen Vorstöße ins Private und in die Untiefen der menschlichen Seele bekannt.
Regisseur Max Claessen versucht nun, die Personen jeweils auf sich selbst zu reduzieren und aneinander vorbei agieren zu lassen. Er reiht Lach-Bilder aneinander, wie das wachtelhafte Geckern im Flirt oder das Ich-zieh-mich-zurück am eigenen Kragen. Pantomimische Sequenzen, die selten die Handlung voran bringen. Welche Handlung eigentlich?
Die bockigen Kinder haben ihren Freiraum und halten sich an nichts. Zornig und laut bläht sich Onkel Baron (Michael Becker) auf, dem Narr Oliver Seidel respecktlos die Krone mit Spucke putzt. Diesem Narr Oliver Seidel ist vieles zuzutrauen. Aber gibt es Raum dafür? Heftig seine Gesten, fast akrobatisch. Aber nicht klassisch-närrisch.
Perdican, Barons Sohn, soll verheiratet werden. Jan Hasenfuß wird das nicht wollen. Oder doch? Er windet und wendet sich und macht am ehesten deutlich, warum er kein „Königskind“ sein kann und will. Der stärkste Part in diesem Stück.
Spröde hingegen, und eben nur das, die viel zu statisch bleibende Camille von Johanna Emil Fülle. Sie ist aus dem Kloster heimgekommen und steht hier eigentlich nur rum.
Um sich umwerben zu lassen, ist Rosette (Ariadne Pabst) grad in der rechten Stimmung. Schön und poesievoll schildert sie ihr Befinden gleich zu Beginn vorn an der Rampe. Aber dann? Was oder wer hat sie kalt gestellt?
Das laute Stück wird in der Kammerbühne gegeben. Matthias Rümmler hat dazu einen Guckkasten auf Rollen erfunden, den der Narr immerfort dreht, um so seiner Rolle selbst gerecht zu werden. Die Kostüme, in denen sich die großen Kinder auch mal in Plüschtierbergen kuscheln, schuf passend Mirjam Henriette Benkner.
Der Beifall war verhalten. Die nächste Vorstellung gibt’s heute, 19.30 Uhr. J. Heinrich



Alles heftig übersteuert: Michael Becker ist Der Baron und macht sich als radelnder Häuptling wichtig, leicht pikiert schaut ihm seine Nichte Camille, Johanna Emil Fülle, zu Foto: Kross
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