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Der Wähler will Landrat Friese
Landrat stellt sich entschlossen der Entscheidung im Kreistag / Quorum entspricht nicht dem Geist der Zeit / Wirtschaft setzt auf „starken Macher“

Region (MB). Der amtierende Landrat Dieter Fiese hat zwei Wahlen gewonnen und sein Amt doch verloren. Am 20. Februar räumt er seinen Sessel im Kreishaus. Um ihn im April wieder zu besetzen? Jürgen Heinrich sprach mit ihm.
Der Landratsposten wird nun ausgeschrieben, der Kreistag wählt unter den Kandidaten. Werden Sie sich bewerben?
Dieter Friese: Ich muss es tun. Die Wähler haben für mich entschieden. Sehen Sie: Unter widrigsten Wetterbedingungen sind die Leute zweimal zur Wahlurne gelaufen. Es waren nicht
genug, aber es waren die von innerer Verantwortung Getriebenen. Es waren die Leute, auf die wir alle heute zählen können und müssen in Zeiten umgreifender Demokratiemüdigkeit. Kann ich, den sie zweimal zum Sieger gemacht haben, diese Menschen vor den Kopf stoßen? Gerade diese? Niemals.
Sie bewerben sich also. Glauben Sie, dass die Abgeordneten im Kreistag, die zu Parteien und Gruppierungen gehören, ähnlich überlegen?
Da bin ich nicht sicher. Aber können Abgeordnete anders entscheiden, als zweifach zuvor die Wähler? Wie sollten sie das rechtfertigen? Ich denke, da wird ohne Fraktionszwang jeder sehr verantwortungsvoll überlegen, welche Personalie ins Kreishaus die erforderliche Führungskraft bringt. Vor uns allen steht ja wahrlich keine Erholungsphase, wenn ich an die Finanzausstattungen denke.
Gescheitert ist die Wahl am Quorum, also daran, dass der Kandidat 15 Prozent aller Wahlberechtigten hinter sich bringen muss. Hat das Sinn?
Spätestens jetzt nicht mehr und schon gar nicht, wenn eine Wahl in die ungünstigste Jahreszeit überhaupt gelegt wird. Auch wenn am 10. Januar nicht massenweise Schnee fällt, sind Regen, Nebel, Kälte zu erwarten, und die Leute neigen zu Rückzug nach den Festtagen.
Beobachter sagen, das Innenministerium sei ganz froh, den Landräten ihre Unwichtigkeit vor Augen geführt zu haben.
Das habe ich so nicht gehört, aber ein Quorum, das es nicht einmal bei Kreistagswahlen gibt, hat hier nichts zu suchen. Kein Verein könnte sich das leisten; er bliebe ewig ohne Vorstand. Wir treiben mit so weltfremden Regeln Menschen weg von eigener Demokratie-Tat.
Zur „Wichtigkeit“ von Landräten: Ja, ich glaube, es besteht Nachholebedarf, die verantwortungsschwere Rolle von Landräten öffentlich transparenter zu machen. Daran würde ich künftig gern mitwirken.
Hat Ihre Partei Sie zur Wiederbewerbung gedrängt?
Nein, aber sie steht, wie Dr. Dietmar Woidke ja öffentlich gemacht hat, deutlich hinter mir; auch Fraktion und Unterbezirk beschlossen dazu Dienstag einstimmig. Meine Entscheidung kommt nicht spontan, sondern auch nach gründlicher Beratung mit „Wirtschaftsweisen“, also Unternehmern und Vorständen unseres Kreises, die mit ihren leistungsstarken Beschäftigten das Rückgrat für unser Fortkommen bilden. Sie haben alle eine Meinung: Der Wähler will Landrat Friese. Es war nie meine Art, vor Herausforderungen zu weichen. Dass meine Partei mit mir ist, werte ich als Zeichen für Spree-Neiße.
Jeder kennt Sie als „starken Macher“, der sich mitunter zu spät beraten lässt. Hat Sie das Stimmen gekostet?
Wo viel Arbeit anliegt, können Texte nur im kleinen Kreis besprochen werden. In wichtigen Fragen hole ich gern Rat. Wo mal ein falscher Zungenschlag passiert, den ich anständig korrigiere, würde ich mir fairen Umgang wünschen. Ich nehme mir jedenfalls nicht vor, mein Glück auf das Ausschlachten von Fehlern meiner Wettbewerber zu bauen, sondern auf eigene Ideen und Tatkraft.
Danke für das Gespräch.

 

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