aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Zweckbündnis, keine Liebesheirat
Martina Münch (SPD) zu Links: „Mit denen kann man verlässlich arbeiten

Cottbus (MB). Politischer Farbenwechsel im Land Brandenburg - Martina Münch ist federführend am Entstehen einer Koalition beteiligt, die viele Wähler in Erstaunen versetzt. Jürgen Heinrich sprach mit ihr:
Außerhalb der Links-Partei erzeugen Schmusebilder zwischen Ministerpräsident Platzeck und der Linkspolitikerin Kaiser Verdruss. War rot-rot nicht vermeidbar?
M. Münch: Wir haben diese Verbindung nicht gewollt, aber wir haben immer gesagt, wir lassen das offen. Es stimmt: Mit der CDU zusammen haben wir das Land gut entwickelt, aber jetzt kommen andere Zeiten. Es droht in der Krisenfolge eine tiefe soziale Spaltung im Land, und dagegen schützen uns große Mehrheiten. Wir selbst bleiben dabei wer wir sind. Die Koalition ist ein Zweckbündnis, keine Liebesheirat.
Das sieht auf manchen Fotos ganz anders aus.
Dieses bewusste Bild Platzeck/Kerstin Kaiser hätte nicht sein müssen, das stimmt.
Auch nach der Landtagssitzung am Mittwoch wird die große Nachsicht der SPD gegenüber belasteten Personen als „Schlussstrichaktion“ gewertet. Ist das so gemeint?
Nein. Wir sehen einfach, dass die Schmuddelkinderstrategie nicht mehr funktioniert. Wir werden das in der Präambel zum Koalitionsvertrag etwa so formulieren: Auch im Wissen um Gewesenes muss Zusammenarbeit möglich sein.
Auch in der Linkspartei gibt es die Haltung, dass noch viel aufzuarbeiten bleibt.
Die SPD wird also der Linkspartei Felder, mit denen sie bei der Wahl gepunktet hat, überlassen, statt selbst um verlorene Wähler zu kämpfen?
Sie haben überall dort besser abgeschnitten, wo sie viel versprechen konnten. Wir sind an die Realität geerdet. Wir setzen unsere Politik fort, und die Kollegen der Linkspartei werden ihren Job machen. Sie konsultieren sich bereits mit ihren Berliner Leuten; das kann für alle gut sein. Nach meiner Erfahrung ist die West-Linke eine chaotische Truppe, aber die Leute hier kennen wir, mit denen kann man verlässlich arbeiten.
Haben Sie nicht Sorge, dass die Linke eine schwächelnde SPD überflügelt?
Wir sind die stärkere Partei. Ich weiß nicht, ob sich diese Koalition für uns gut auszahlt, sie ist aber für das Land jetzt der bessere Weg.
Warum ist er besser, als mit der CDU?
Mit Verlaub: Brandenburgs CDU ist personell und programmatisch ausgelaugt. Da ist noch Frau Wanka, und sonst gibt es Leute um Pethke und einige Neoliberale, mit denen wir kaum Übereinstimmung finden.
Wäre es nicht wenigstens möglich, die Koalition zu befristen?
Eindeutig Nein. Platzeck will keine Sollbruchstellen. Auch deshalb die rot-rote stabile Mehrheit. Mit nur fünf Stimmen Mehrheit in einer SPD-CDU-Koalition bekämen komplizierte Themen selten Mehrheiten. Ja, auch weil es aus unseren eigenen Reihen immer Abweichler aus persönlichen Gründen gibt. Das ist ja auch legitim in einer Partei, wie der unseren.
Sie haben rot-rote Übereinstimmungen zu Kindergärten und zu Schulklassenstärken. Aber was ist mit der Energiepolitik?
Das Thema ist gut verhandelt. Wir sind uns einig, dass Kohleverstromung eine zulässige Brückentechnologie bleibt, bis verlässliche Alternativen technisch reif sind. Die Energiestrategie bis 2020 ist definiert, einschließlich der CO2-Reduzierung. Vattenfall hat in dieser Hinsicht nicht gut agiert, aber es gibt Lösungswege. Aussagen über 2050 hinaus zu wagen, halte ich für unseriös.
Wann soll der Koalitionstext stehen?
Ich denke, Dienstag ist alles fertig. Jetzt werden noch Personalzahlen verhandelt. 40?000 Menschen sollte das Land beschäftigen, jetzt haben wir noch 50?000. Aber trotz Personalabbau brauchen wir auch jüngere nachrückende Polizisten, Lehrer und Forstleute. Auch eine schwierige Konstellation...
Und was ist mit den Ministerposten?
Es wird fünf für die SPD, vier für die Linken geben
Sind Sie eine der fünf?
Ich bin bereit, auch in dieser Form Verantwortung zu tragen, aber meine Glückseligkeit hängt davon nicht ab. Wer wofür Minister wird, soll ganz zuletzt behandelt werden.
Danke für dieses Gespräch.


Die Cottbuserin Dr. Martina Münch, stellvertretende SPD-Landesvorsitzende und Abgeordnete des Landtags, steht als Ministerin in einem rot-roten Kabinett zur Verfügung
Foto: Hnr.

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