aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Nach dem Euro kommt der Globo
Vom Schuldendruck zu fernen Visionen: Bundestagskandidat Steffen Reiche entlockte
Hans Eichel in Cottbus „revolutionäre“ und erstaunliche Sprüche

Cottbus. Hans Eichel hieß als Sparminister der Eiserne Hans. Wenn er nach einem Besuchstag in Guben und Cottbus von schönen Städten und Dörfern schwärmt und, wohl wissend um die Kosten dafür, einschätzt: „Das Geld ist hier gut angelegt“, ist das keine Plattitüde. Hans Eichel, Jahrgang ‘41, kandidiert nicht für den neuen Bundestag, begleitete seinen Kollegen Steffen Reiche aber gern im Wahlkampf. Der stellt sich der Herausforderung nach der Krise. Wer schließt das neue Schuldenloch von weiteren 90 Milliarden? Neue Steuern soll es nicht geben, sagt die Kanzlerin. „Ich weiß nicht, ob es reicht, keine Steuerhöhung zu versprechen“, kommentiert Eichel diplomatisch die Linie seiner Partei und kommt auf Bankenpolitik zu sprechen. Es werde immer Spekulation und immer Finanzkrisen geben - man müsse aber „die Fallhöhe reduzieren“. Zukunft hänge nicht von Steuererhöhen ab, sondern von richtiger Politik im Finanz- und Arbeitsmarkt.
Zu Eichels Amtszeit wurde der Euro eingeführt. „War das nicht eine Entscheidung gegen die gefühlte Volksmehrheit?“ fragt Steffen Reiche. Aber eine richtige, weist der Experte ohne Widerspruch des reichlich erschienenen Publikums nach. Später philosophiert er: Es werde nicht beim Euro bleiben, schon Mitte des Jahrhunderts halte er eine Weltwährung für möglich, eine „Globo“ also.
Doch Eichel und Reiche entschweben nicht, sind schnell in der Realität. Was ist sofort zu verbessern? Der einstige Ministerpräsident von Hessen überrascht: Bundeskompetenz im Bildungswesen fordert er und beitragsfreie Kindertagesstätten. „Da war die DDR besser“. Es gibt Beifall. Der West-Politiker will wirkliche Karrierechancen für Mütter und Bildung als Bürgerrecht für jeden.
Schade, am Schluss reicht die Zeit nicht für Publikumsfragen. Der Spar-Minister nimmt den viel zu frühen letzten Zug nach Berlin. Wem Deutschland denn nun das viele Geld schuldet, muss Steffen Reiche beantworten: Den Bürgern schuldet er’s, die Wertpapiere kaufen, die in der ganzen Welt angelegt sind. An den Schulden wird er nicht viel ändern können, aber um die Bundes-Bildungsstandards will sich Reiche kümmern - vorerst per online-Petition. Noch lange wird dazu diesen Abend diskutiert-

Als Bundestags-Fraktionskollegen der SPD im „Spreegespräch“ auf der Cottbuser DoppelDeck-Terrasse: Steffen Reiche (l.) und der ehemalige Bundesfinanzminister Hans Eichel Foto: Jens Haberland

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