aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Die „Cosi“ - unser aller stille Wette?
Anmerkungen zu einer hinreißenden Mozart-Inszenierung in der Kammer

Cottbus. Sie ist ein rechter Schwitzkasten, diese Spielstätte namens Kammerbühne. Aber welch genialer Einfall, die „Cosi“ nicht im Großen Haus (wo ihr Anfang der 90er mäßiger Erfolg beschieden war) zu geben, sondern hier so ganz intim in dieser vertraulichen Nähe zwischen Darstellern, Orchester und Publikum. Die Geschichte ist ja dermaßen schlüpfrig, dass man sie eigentlich nur hinter vorgehaltener Hand weitersagen und -singen kann. Die Szene im quer bestuhlten Raum hat etwas Verschwörerisches. Da kann es schon mal passieren, dass der GMD eine Requisite auffangen muss. Mit gegangen, mit gehangen.
Zwei ehrenwerte Damen werden, kaum dass ihr Treueschwur verklungen, verführt. Wetten: Das funktioniert immer! So die Behauptung des frechen Stücks, das Mozart 1790 selbst im Wiener Burgtheater uraufführte. Es sei eine Anspielung auf Hofklatsch gewesen. Aber kann man das aufgeklärter Welt gut 200 Jahre später zumuten? Regisseur Hauke Tesch, fasziniert von den hinreißenden Über-Kreuz-Duetten, meint im Programm, dass feste Beziehung nicht gegen fremde Zuneigung gewappnet ist, und dann „schließen die Betroffenen im Stillen ihre Wetten ab.“
Wahres, heutiges Leben begegnet uns also mit „Cosi fan tutte“ (so treiben sie’s alle) oder der Schule der Liebenden. Wir befinden uns in einem Strandbad, die Stimmung ist gelöst, die Füße werden gekühlt, die Köpfe erhitzt. Gundula Martin hat den Strand und die wenigen Möbel sparsam für das Sieben-Personen-Stück gebaut, die Damen aber in trauerndes Schwarz gesteckt - keine gute Strand-Idee.
Unter Evan Christ bekommt die Komödie heftigen Schwung und erotischen Reiz.
Als Wettenstifter Don Alfonso stellt sich Jörg Simon neu im Baßfach vor; gutmütig zieht er die Fäden, als wolle er die Liebenden schützend begleiten. Anna Sommerfeld mit schönem, feierlichen Sopran ist die spröde Blonde, während ihre Schwester Anne-Theresa Albrecht sich lasziv der schönen Gelegenheit hingibt.
Stürmisch und lange Zeit von der Treue ihrer Liebsten überzeugt, erobern Guglielmo (Andreas Jäpel) und Ferrando (Hardy Brachmann), in Verkleidung, was sie eigentlich nicht erlangen wollen: die Braut des Freundes.
Witzig und mit Anspruch für den eigenen Schoß trippelt Despina alias Cornelia Zink durch die Szene, beiläufig als Ärztin aushelfend.
Wie alles doch noch gut geht, bleibt am Schluss etwas nebulös. Auf jeden Fall war das Stück ein Hörgenuss und lustvoller Sommerspaß. Allen, auch dem Chor mit kleineren Aufgaben, galt zur Premiere ein herzlicher Beifall. J.Heinrich


Der stürmischen Eroberung können (oder wollen) sich die irritierten Bräute kaum widersetzen: Andreas Jäpel als Guglielmo, Anna Sommerfeld als spröde Fiordiligi, Anne-Theresa Albrecht als zugängliche Dorabella und Hardy Brachmann als Ferrando (im Vordergrund v.l.n.r.);
im Hintergrund: Jörg Simon (Don Alfonso), Cornelia Zink (Despina)

zurück...