aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

piccolo: Gitter schweigen

Das Grün bricht aus den Zweigen, wir woll’n das alles zeigen, dann wissen sie Bescheid singt Biermann seine Ermutigung. Es gab, gibt immer, Menschen, die nicht klarkommen, die leiden unter „guten Absichten“. Grauenvolle Jugendhöfe verschiedenster Träger bestehen in diesem Land. Grauenvolle hatte auch die vorige Republik, die nie müde wurde, humanistische Ideale zu beschwören.
Im Cottbuser piccolo zeigen junge Menschen erschütternd nahe, was da passiert sein muss in den Torgauer Werkhof-Mauern und in den Seelen der Internierten. „Die Gitter schweigen“ heißt eine Eigenproduktion des piccolo-InszenierungsjugendKlubs, der nicht zufällig mit vorherigen Produktionen schon Preise abräumte. 13 Jungen und Mädchen brechen da immer wieder aus zwangskollektivierendem Bürsten-Rhythmus aus, lassen Sehnsüchte und Ängste unter Narben viel zu früher Härte hervorbrechen. Regisseur Reinhard Drogla hat starke Gefühle provoziert, ein sparsames Bühnenbild, wenige Requisiten und Textstellen aus dem Original-Werkhof lassen in gedanklicher KZ-Nähe erschauern.
Dramaturgischer Trick: Kein Peiniger kommt vor. Nur am Schluss als Hand-Puppe. Im „Wir sind das Volk“-Geschrei sperrt die Keulen-Hand ihr Maul, sobald die Bewegung erkennbar wird, am weitesten auf. So sind wir wieder alle unter uns. “Ihr wart unheimlich nahe dran an uns“, sagten zwei, die damals in Torgau einsaßen und heute in Berlin leben. Es gab viel Premierenbeifall. Wertvolles Theater! Sehr zu empfehlen. Die nächsten Vorstellung ist heute, 19 Uhr. J.H.

zurück...