aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Jüdisches Leben als Schulprojekt
Das Erforschte steht jetzt als Unterrichts-Ergänzung zur Verfügung

Cottbus (h). „Mich interessierte eigentlich die strategische Kriegsführung. Da wollte ich wissen, was der Hitler da vorhatte mit den Juden...“ Aus dieser etwas ungelenken Erklärung am Anfang eines Schülerprojektes liest sich Naivität. Kein Wunder: Robert Nickus ist gerade erst in der zehnten Klasse und wird demnächst eine Werkzeugmacher-Lehre beginnen. Dass er und zwei Mitschülerinnen viele Stunden, selbst in den Schulferien, im Stadtarchiv zubrachten, um jüdisches Leben in Cottbus zu erforschen, ist sicher nicht alltäglich.
Nein, wirklich nicht, bestätigte Marina Bussman, Schulsozialarbeiterin, beim jüngsten Geschichtsstammtisch. Als sie einst mit einem Aufruf für das Projekt warb, meldeten sich sieben Schüler, als sie die Aufgaben verteilte, waren es noch drei. Robert war einer davon, und ihm ging es wie Helmut König, der die meisten Dokumente im Stadtarchiv las und Brauchbares vorauswählte: „Ich hatte erstmals solche Dokumente in der Hand; das bewegt schon sehr.“
Neben den Texten von Nazigesetzen waren es örtliche Bestimmungen, Briefe, Zustellbescheide und ähnliches, aus dem sich ein Mosaik des Geschehens ergab. Einzelheiten berührten: Hammerschmidt war Rechtsanwalt, durfte noch eingeschränkt arbeiten. Aber Straßenbahn durfte er als Jude nicht fahren. Er wurde ertappt. Sogar die Stadtverordneten verhandelten den Fall und entschieden: Er hat zu laufen; die Konsequenzen seines Vergehens hat er zu tragen...
Stammtisch-Moderator Steffen Krestin, Direktor des Stadtmuseums, sagte, Cottbus stehe erst am Anfang der Aufarbeitung dieses Geschichtskapitels. Die präzise Aktenlage sei schwierig. Umso wertvoller seien Projekte in Schulen, „die uns zwar nicht gleich lauter künftige Historiker bescheren“, aber doch jedem einzelnen helfen, Quellen zu erschließen und zu verstehen. Meist komme nebenbei viel an „sonstigen geschichtlichen Fakten“ zu Tage. Die Schüler-Präsentation können auch private Interessenten zu nur 5 Euro als CD im Stadtmuseum erwerben.



Hartmut König, Marina Bussmann und Robert Nickus haben zusammen mit weiteren Schülern eine Powerpoint-Präsentation über das jüdische Leben in Cottbus erarbeitet Hnr.

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