aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Grüne „Vorschriftenwelle“ für Tempo 30
Feinstaub-, Lärmaktions- und Nahverkehrsplan gehören eng zusammen und alle künftig auf den Tisch von Lothar Nicht / Alarm: Feinstaubgrenzwerte wurden 2009 schon 17 Mal überschritten

Cottbus (gg). Unsere Stadt mit ihrer Bahnhofstraße ist ein besonderes Sorgenkind für Hartmut Jonas vom Landesumweltamt. Dort ist er zuständig für Lärmschutz und Feinstaub und kennt die Unterschiede zu anderen betroffenen Städten: „Die enge Bebauung in der Bahnhofstraße und die hohen Verkehrszahlen machen sie zum Problem!“ Auf der Bahnhofstraße ist mit täglich 25 000 bis 30 000 Fahrzeugen mehr Verkehr als auf dem Cottbuser Autobahnabschnitt der A 15. Drastischer gesagt: Es gibt in ganz Brandenburg keine schmutzigere und lautere Straße. Allein in 2009 sind die Grenzwerte für Feinstaub schon an 17 Tagen überschritten worden. Nur 35 im Jahr sind zugelassen. „Seit 2006 hat die Stadt deshalb einen Luftreinhalteplan“, wirft Umweltbeigeordneter Lothar Nicht ein. Verkehrsrechner, Schließung des Mittleren Rings, um den Verkehr zu halbieren - das alles wird in diesem Plan festgelegt und nun schrittweise umgesetzt. 2010 stehen die Bagger für den Umbau der Straße in den Startlöchern. Sie soll schmaler, grüner und entschleunigter werden.
Während beim Feinstaub messbare Grenzwerte angestrebt werden müssen, ist die Forderung beim Lärm schwammiger formuliert: „Man muss die Belastung so weit reduzieren, wie es technisch vertretbar möglich ist“, erklärt Jonas. Und dazu gehört Tempo 30, denn beim Lärm trägt die Temporeduzierung am meisten zur Lärmminderung bei. Andere Städte wie Berlin und Potsdam haben deshalb ebenfalls auf dieses Mittel zurückgegriffen. Erfolgreich, wie die Fachleute einschätzen: „Drei Dezibel weniger wirken so, als wäre nur der halbe Verkehr in der Straße unterwegs“, erklärt Jonas die von Laien nur schwer nachvollziehbare komplizierte Lärmrechnung. Dazu kommt: bei 20 km/h weniger wirbelt nur halb soviel Feinstaub auf. So greift eins ins andere. Künftig wird Umweltdezernent Lothar Nicht dafür sorgen müssen, dass die Aktionspläne für Luft, Lärm und Nahverkehr auch zueinander passen. An seinem Tisch im Rathaus gab es diese Woche die erste gemeinsame Beratung der Verantwortlichen. Damit Zeitungsaufreger wie die Straßenbahndiskussion künftig zuerst in den Amtsstuben gründlich vorgedacht werden. Nicht: „Zunächst ist die Entscheidung gefallen, die Straßenbahn zu erhalten - jetzt werden wir deren Zukunft in der Bahnhofstraße untersuchen!“ Während Nicht sich nicht zu Spekulationen hinreißen lassen will, sagt Hartmut Jonas, was alle wissen: „Natürlich ist die Straßenbahn beim Feinstaub den herkömmlichen Bussen überlegen, wegen des fehlenden Reifenabriebs. Aber es gibt ja auch moderne Busse, die Cottbus helfen könnten!“
Die Gäste im DoppelDeck repräsentieren an diesem Abend die breite Schere der Meinungen zum Thema. Während einigen mit Tempo 30 an sechs Straßenabschnitten noch viel zu wenig für den Umweltschutz getan ist und sie die völlige Freihaltung der Innenstadt von Fahrzeugen fordern, pochen andere auf flüssigere Konzepte, damit Wirtschaft und Konsumverkehr nicht ausgebremst werden. Heiko Selka (AUB): „Viele Reserven liegen im attraktiven Ausbau des Nahverkehrs. Jahrelang wurde dort gekürzt, statt auf Zuwachs bei Nutzern zu zielen. Sowohl beim Stadtverkehr als auch bei der Bahnanbindung!“ Man streitet anschließend darüber, ob die nun beschlossene „Optimierung des Nahverkehrs mit Straßenbahn“ denn auch zu den erforderlichen Verbesserungen führt. „Ja“, sagt Lothar Nicht, „Mehr Fahrgäste auf besser angebundenen Strecken und mit intelligent verknüpften Anschlüssen zum Bahnhof - das müsste auch eine wirtschaftlich optimierte Variante ergeben!“
An der Auffassung von moderner Verkehrsorganisation prallen Weltanschauungen aufeinander. Auch an diesem Abend. Die Diskussion geht über Radverkehr und Parkhäuser bis zum autofreien Altmarkt und der Frage, wie denn die eingemeindeten Ortsteile endlich auch beim Nahverkehr zu Stadtbürgern werden können.
Der Trost: Alle Aktionspläne sind keine festgeschriebenen Papiere. Immer wieder muss die Wirkung der Instrumente überprüft und korrigiert werden. „Auch Tempo 30 in der Bahnhofstraße ist vorerst nur ein Modellprojekt“, sagt Nicht. Die Diskussion wird weiter gehen.



links: Umweltbeigeordneter Lothar Nicht: „Die Frage nach Umweltschutz-Finanzierung muss man EU- und Landtagskandidaten stellen!“

rechts: Hartmut Jonas, Referent im Landesumweltamt: „Beim Lärmschutz sind wir gut im Zeitplan, nur beim Feinstaub sitzt uns die EU im?Nacken!“

 



Die markierten Bereiche zeigen die hauptsächlichen Lärmbelastungsachsen in Cottbus. An sechs Abschnitten soll mit Tempolimits gegen gesteuert werden. Auch wenn Geld für leise Asphaltbeläge investiert wird, das Tempolimit ist immer noch die wirksamste Maßnahme, sagen Umweltexperten. Die EU fordert: Es muss alles technisch Mögliche getan werden
Lärmkartierung LUA

 

 

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