aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Blickachsen über den Park hinweg bewahren
Branitzer Stiftungsdirektor Gert Streidt schätzt die Rückkopplung zu Potsdamer Heimat

Cottbus (gg). Seit November 2008 pendelt Gert Streidt als neuer Direktor der Stiftung Schloss und Park Branitz zwischen Cottbus und Potsdam hin und her. Keine Di-Do-Woche, sondern ausgefüllte Tage mit reichlich Neuem auch für die Angestellten der Stiftung. „Das wird auch so bleiben“, sagt der studierte Kunstwissenschaftler und Marketingmann mit beruflichen Wurzeln im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Streidt findet die Reflexion wichtig, die ihm dieses Leben zwischen Provinz und Metropole erlaubt. Der Blick auf Branitz aus eben dieser Potsdamer Sicht sei wichtig für seine Pläne mit Branitz. Jedem Uni-Professor nimmt man diese Pendelei übel, er verkauft sie als Vorteil. Ebenso wie das nötige Freihalten der Sichtachsen im Park: „Es mag drastisch klingen, aber es gibt zuviele Bäume im Innenpark. Da gilt es, die ursprünglichen Zustände sanft wieder herzustellen!“
Mit 1,7 Millionen Euro Sockelfinanzierung für Personal und Sachkosten sei für Sensationen wenig Spielraum. Die dringend nötigen Sanierungsarbeiten an Gewässerrändern und Baumpflege im Park, finanziere, Gott sei Dank, der Bund mit Kofinanzierung der Stadt. Trotzdem schon 30 Millionen Euro in den vergangenen 15 Jahren investiert wurden, bliebe noch für gut 10 Jahre Arbeit. Streidt malt Bilder vom üppig aufgewerteten Pleasure ground mit Rosenbeeten und sogenannten Kiosken nach Vorbild der Henriette von Sontag-Büste: „Davon gab es vie mehr zu Pücklers Zeiten - das Schlossumfeld war erweitertes Wohnzimmer im Grünen!“ Interessieren könnte das künftig die „Parkomanen“, von denen man mehr nach Branitz locken will. Eine Radtour vom Pückler-Park in Babelsberg über Branitz bis Bad Muskau würde die neuen touristischen Erwartungen erfüllen, die die Gäste heute stellen. Überhaupt, sagt Streidt, müsse man sich davon verabschieden, alles allein machen zu wollen. Nur gemeinsam mit Bad Muskau und Babelsberg ließe sich das Potenzial richtig ausschöpfen.
Aber auch in der Person Fürst Pückler sieht Streidt eine wunderbare Marketing-Quelle: „Die Gesamtheit seiner Talente vom tollkühnen Frauenheld bis zum Parkschöpfer und dem Literaten muss mehr bekannt werden!“
Neue Aspekte verspricht die Tagung im Herbst, zu der Pückler-Forscher aus ganz Deutschland anreisen, um u.a. von Pückler-Forscher Ulf Jacob mehr über die geisteswissenschaftlichen Ursprünge Pücklers zu hören. Vortragsreihen sollen diese ungehobenen Schätze künftig auch an die Cottbuser bringen. Ein Jahresplan wird im April vorgestellt.

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Am 12. April
reden wir über:

„Im Schleichtempo durch die Metropole“ -
mit Umweltdezernent Lothar Nicht und
weiteren Gästen

Direktor Park und Schloss Branitz Gert Streidt: „Im Pückler-Archiv liegen 80 000 Schriftstücke, erst 12 500 sind gesichtet. Ein großes Potenzial für die Pückler-Forschung, die in Branitz ein Zentrum haben könnte!“ Zum Abschluss gab es einen noch unbekannten Text: Ein Gedicht des Fürsten an eine Branitzerin 1860. Sie klagte in Reimform über zu viel Sonne im Garten der Schenke (Antwort im Kasten)

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O, liebe Freundin, wärest Du
ein wenig mehr geduldig, so
sähst Du ein, wo Schatten fehlt,
daß ich deshalb nicht schuldig.
Die Schenke ist von gestern her
und Zaub’rer sind verschollen,
es fügt Natur sich denen nur,
die recht gewaltig wollen.
Und brauchst dabei auch leider
noch die Hülf der Gunst der Zeit.
Drum harre, holde Dichterin,
bis Jahr an Jahr sich reiht.
Und frevle an der Sonne nicht
in diesem nord’schen Land,
wo ich noch immer Kälte mehr
als Glut und Sonne fand.
Welch Feuer muss in Deinem
Leib durch heiße Adern fließen,
wenn Du Dich selbst gebraten
fühlst, statt Braten zu genießen.
Doch was die Frau will, Gott
auch will und muss also so geschehen,
auch folgt von jeher ich dem Spruch
und wirst dies später sehen.
Fühlen sollst Du kühlen Schatten in der Schenke dürrem Garten,
wenn Du gnädig mir geruhst,
noch zwei Jahre lang zu warten.
Doch erlaß mir, liebe Seele,
im Sturm zu schaffen
grüne Matten.
Wozu Macht in Cottbus` Gauen
selbst die Zauberer nicht hätten!
Hier nun an des Liedes Ende,
reich ich freundlich Dir die Hand,
hoch erfreut von munterm Geiste,
den ich reizend in Dir fand.
H. Pückler-Muskau (1860)

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