aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Am Stammtisch: Aufstieg und Fall einer Garnison
Neun Liegenschaften sind heute das Erbe einer 150-jährigen soldatischen Cottbus-Geschichte

Cottbus (h.) Das Thema war viel zu weit gefasst für dieses Dreiviertel-Stündchen-Interview auf dem Podium des Geschichtsstammtisches im DoppelDeck. Immer am dritten Montag erfahren Heimatinteressierte dort viel Wissenswertes. Museumschef Steffen Krestin hatte diesmal Friedrich-Wilhelm Parlow eingeladen und wusste gleich: Dies kann nur die Einführung in einen Stoff sein, zu dem noch viel zu sagen und zu forschen bleibt.
Der bekennende Ex-NVA-Major befasst sich seit der Wende mit der Garnisonsgeschichte und ahnt inzwischen die Dimensionen. „Garnisonsgeschichte ist Bestandteil der Stadtgeschichte und mehr noch der Baugeschichte“, sagt er. Neun Liegenschaften soldatischer Epochen verwaltet Cottbus noch, aber bis auf einen Offizier und einige Werkstattsoldaten gibt es keine Militärs mehr in Cottbus.
Selbst eingefleische Pazifisten müssen das bedauern, denn die Garnison hat Cottbus stark gemacht und auch und besonders in Friedenszeiten Tausende genährt.
51 Jahre lang - seit 1868 bis 1919 - stand das 6. Brandenburgische Infanterieregiment von Alvensleben 52, kurz die 52er genannt, in Cottbus. Es waren Landstreitkräfte des Heeres, die in vorderster Linie zum Einsatz kamen.
Schon davor hatte sich ein Landwehrregiment in Cottbus niedergelassen. Solche Einheiten wurden nach den Wirren der 48-er Revolution gleichmäßig im Land verstreut, um auch nach innen schlagkräftig zu sein.
Die 52er fühlten sich zunächst nicht sehr wohl in Cottbus. Kronprinz Friedrich, der spätere Kurzzeit-Kaiser, bemängelte bei einer Cottbuser Inspektion die Unterkünfte. Daraufhin baute Cottbus 1885/86 in Eile die heutige Alvensleben-Kaserne, sonst hätte es ohne Garnison keine Kreisfreiheit gegeben. Das freute denn alle sehr, auch das Volk - es bekam Erbsen zur festlichen Einweihung.


 

 

In der Sandower Zuschkestraße / Ecke Gildenstraße (Gebiet zwischen Muskauer und Willy-Brandt-Straße) stand die erste Infanterie-Kaserne - ein umfunktioniertes Wohnhaus CGA



Einst Oberstleutnant der NVA mit auffallend preußischen Vornamen, heute Heimatforscher auf den Spuren noch längst nicht vergessener Heere: Friedrich-Wilhelm Parlow Foto: Gabi Grube


Geschichtsträchtiges Bauwerk: Bevor die Kaserne wieder ihren Namen „Von Alvensleben“ bekam, fand hier 1990 das große Umkleiden von NVA-Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren in die leicht flapsigen Uniformen der Bundeswehr statt
Foto: Hnr.

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