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Das fast vergessene Kupfer
In der Lausitz beginnt jetzt neu, was im Mansfeldischen 1990 endete

Region. Kupfer ist das neue Gold der Lausitz. Seit die Nachfrage der chinesischen Wirtschaft den Preis des Metalls in wenigen Jahren verfünffacht hat, ist Kupfer ein neu kalkuliertes Gut. Aktuell liegt der Kupferpreis bei rund 4 400 Dollar pro Tonne. Und so machen sich weltweit Bergbauunternehmen auf, neue Kupfervorkommen zu erschließen. Die KSL Kupferschiefer Lausitz GmbH, Tochtergesellschaft der Minera S.A. ist eines davon. KSL hat in diesem Jahr die Genehmigung erhalten, rund um Spremberg Kupfer und andere Metalle zu suchen.
Die hier durch Bohrungen erkundete Lagerstätte erstreckt sich über 15 km in der Länge und drei km in der Breite - allerdings in 1.300 Metern Tiefe. Vor 250 Millionen Jahren konnten die Algen, die im flachen, schlecht durchlüfteten Zechsteinmeer versanken, nicht verwesen und wurden zu Faulschlamm, der sich mit Ton zu Schiefergestein verfestigte. Die Anreicherung von Kupfer darin erfolgte durch Zufuhr von metallhaltigen Lösungen aus tieferen Magmenkörpern. Das heutige Erzfeld ist unterschiedlich mächtig, im Durchschnitt 2,5 Meter. Im Raum Mansfeld, Sangerhausen und Eisleben wurden die Metallvorkommen vom frühen Mittelalter bis 1990, zuletzt im Mansfeld-Kombinat, gefördert. Die Gegend um Polkowice und Lubin in Polen ist heute größtes Abbaugebiet von Kupfererz in Europa.
Um die damaligen Ergebnisse aus DDR-Zeit zu bestätigen, führt KSL in den nächsten zwei Jahren geophysikalische Feldarbeiten und Bohrungen durch. An zwölf Orten, jeweils in der Größe eines halben Fußballfeldes, wird tief in die Erde gebohrt, um Proben des Erzgesteins zu entnehmen. Der Erzhorizont und mögliche tektonische Störungen werden seismisch erkundet. Vibratoren erzeugen unterirdische Schwingungen, die von Geofonen aufgenommen und ausgewertet werden.
Bergassessor Dr. Eike von der Linden, Geschäftsführer der KSL, vermutet, „dass in den Lagerstätten Spremberg und Graustein etwa 130 Millionen Tonnen gewinnbares Kupfererz mit 1,4 Prozent Kupfer“ ruhen. Das sind nach Verhüttung 1,5 Millionen Tonnen Kupfer. Auf sächsischer Seite bei Schleife, könnten weiter 50 Millionen Tonnen Kupfererz liegen.
Für die Erkundung wird KSL bis zu 30 Millionen Euro investieren. 700 Millionen Euro lässt sich KSL das gesamte Vorhaben kosten, falls es zum Bergwerk kommt. Genug, um auch die Hoffnungen der Menschen in der Region in die Höhe schnellen zu lassen: „Die Firma wird hier nicht 30 Millionen Euro in die Hand nehmen, um sie in den Sand zu setzen“, denkt Sprembergs Bürgermeis-ter Dr. Klaus-Peter Schulze. „Wenn der Kupferbergbau kommt, profitieren wir gleich dreifach: Denn Kupferschiefer Lausitz bringt 1.800 Arbeitsplätze und neue Einwohner in die Region. Auch die Steuereinnahmen der Stadt werden steigen.“
Erster Neubürger ist von der Linden selbst. Bald wird der gelernte Bergmann mit seinem Team aus dem Büro am Berliner Kurfürstendamm nach Spremberg ziehen. Dort sieht KSL an der Bundesstraße 156 in drei Jahren den Bau einer bis zu 1.300 Meter tief gelegenen Doppelschachtanlage vor; der Betrieb könnte 2015 aufgenommen werden.
Die KSL hat sich vorgenommen, in der Region „einen möglichst kleinen Fußabdruck“ zu hinterlassen. Der Kupfererzabbau geschieht unter der Erdoberfläche, die Aufbereitungsanlage liegt in einem bereits erschlossenen Gewerbegebiet in Spremberg Ost. Und während im Kupfergebiet der DDR bei Sangerhausen der Abraum in Spitzkegelhalden angehäuft wurde, sollen die 92 Prozent des „unnützen“ Gesteins in Spremberg zum größten Teil wieder in den Schacht verfüllt werden. Vermischt mit Flug-asche wird es dem Berg zusätzlich Stabilität geben. Für den Rest des Gesteins hat die KSL einen anderen Akteur in der Lausitz gefunden. Ingolf Arnold, Leiter Geotechnik von Vattenfall Europe Mining, erläutert „ Wir nehmen der KSL große Teile des Gebirgsmaterials ab und füllen damit Hohlräume nahe gelegener Tagebaue. Von mehreren 100.000 Tonnen nicht salzhaltigem Gestein ist die Rede. Im Vergleich zu den Millionen Tonnen, die das Energieunternehmen bewegt, ist das aber quasi nur ein Teelöffel voll.
Braunkohle und Kupfererzbergwerk stören sich überhaupt nicht, beruhigt Ingolf Arnold: Für das über der Kupferlagerstätte geortete Kohlenfeld Spremberg-Ost beabsichtigt Vattenfall erst nach 2030 einen Abbau; bis dahin will die KSL mit ihrem Kupferbergwerk fertig sein.“
Auf eine Synergie anderer Art hofft von der Linden, nämlich dass Vattenfall schon – finanziert von der KSL – Lehrlinge für den künftigen Kupferbergbau mit ausbildet. 900 Mann werden für das Bergwerk gebraucht, 650 davon unter Tage. Ab 2015 dann sollen fünf Crews in drei Schichten rund um die Uhr, Montag bis Sonntag, Kupfererz abbauen. Mechaniker, Hauer, Sprengmeister, Elektriker und Maschinenführer werden gebraucht.
Von 1990 an wollte das Mansfeld-Kombinat hier mit 4.000 Beschäftigten Kupfer produzieren. Doch die Pläne scheiterten an den Vorkosten von 4,6 Milliarden Mark. Fast 91 Millionen Mark hatte der sozialistische Staat schon in die Kupfergräberstimmung inves-tiert, mehr als 100 Personen waren in Spremberg angesiedelt und ausgebildet worden. Die Erkenntnisse von damals helfen Eike von der Linden heute: „Die primären Daten sind sehr sorgfältig bearbeitet worden. Wir haben sie digitalisiert und mit neuen geostatistischen Methoden ausgewertet.“
Gute Nachricht für die verzögerte Kupferstadt Spremberg.
Gekürzt und bearbeitet aus: „Akzente – Das Magazin von Vattenfall Europe Mining & Generation“ 03/2008, gezeichnet von bk – Bärbel Krause



Wo künftig Kupferhähne wie dieser von Metallgestalter Manfred Vollmert Lausitzer Dachgiebel zieren, zeigen sie nicht nur die Windrichtung, sondern auch Wirtschaftsaufschwung

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