aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Gefunden in Lausitzer Kirchen:
Hölzerne Boten mit Täufermission

Region. Nur noch in elf Kirchen der Region schweben die barocken Taufengel. Viele Blicke werden heute zur Christnacht auf ihren wehenden hölzernen Kleidern und den verzückten lockengerahmten Gesichtern ruhen. Mindestens doppelt so viele sind es einst gewesen zwischen Sachsen und dem Spreewald. Ganze 145 zählten Baugeschichtsforscher in ganz Brandenburg. Sie reichen mit hölzerner Mine dem Pfarrer das geweihte Wasser zum Taufsakrament dar und verkörpern die Brücke zum Himmlischen. Ein besonders schöner schwebt vor dem Altar der Johanneskirche in Kahren.
Taufengel stehen in der langen Tradition der „handelnden Bildwerke“ nach der Mittelalterzeit. Und darin liegt auch ein Teil ihres Schicksal begründet: Je aufgeklärter und reformierter der Volksglaube wurde, desto entbehrlicher wurden die barocken Bildnisse. Im späten 18. Jahrhundert waren die androgynen Taufengel, bekleidet und austaffiert wie Menschen, derart umstritten, dass sie aus vielen Kirchen entfernt wurden oder sich nach manchen unfreiwilligen Abstürzen der altersschwachen Aufhängung niemand mehr recht um Reparaturen kümmern wollte. Die Taufengel von Groß Kölzig, Groß Oßnig, Illmersdorf, Leuthen und Werben zum Beispiel verschwanden auf staubigen Kirchböden und wurden Opfer des Wurmfraßes oder es fehlte später das Geld, sie zu restaurieren.
Die sehr konkrete Darstellung des Himmelsboten, die je nach Bildhauerleistung mehr oder weniger gelang, kam erst wieder in Mode, als man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den kirchenhistorischen Wert dieser Figuren neu entdeckte. In einem Bestandskatalog ging 2006 das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege den Beständen in Brandenburg und der Geschichte der Taufengel sorgsam auf die Spur.
Der Kahrener Engel in der Johanneskirche ist seitdem leidlich erforscht: Etwa 1706 ist er, gemeinsam mit der Kanzel, wahrscheinlich in der Muskauer Bildschnitzerwerkstatt Dreißigmark entstanden. Und weil die Mechanik, um den gut 1,50 Meter großen Engel mit grünem Rock und goldener Tunika hinabzuholen, nicht mehr intakt ist, nutzt Pfarrer Helmut Huppatz heute nur noch die herausgelöste Schale, um zu taufen. Der grüne Lorbeerkranz, der sie einst trug bleibt leer und erlaubt einen Blick von unten herauf in sein liebenswürdiges Gesicht.
Der stumme Taufzeuge könnte demnächst auch eine Aufarbeitung erfahren, denn 2010 soll die umfangreiche Sanierung der Feldsteinkirche beginnen. Pfarrer Huppatz kennt die geheimen Schönheiten seiner Kirche:„Dann wird der Engel von einer reich verzierten Stuckdecke herabschweben, die heute noch durch eine Holzverschalung verdeckt wird. Nach dem Krieg hatten Feuchteschäden der Kirche stark zugesetzt!“ Pfarrer Huppatz, der am Sonntag sein 25. Ordinationsjubiläum feierte, kommt trotzdem in den Genuss der echten Taufengel-Zeremonie, denn seine Komptendorfer Kirche bewahrt einen weiteren, noch funktionstüchtigen barocken Taufhelfer, der durch eine mit Steinen beschwerte Holzkiste als Gegengewicht relativ leicht handhabbar wird. Sehr viel strenger und größer ist das Schnitzwerk von 1698, mit stattlichen 1,85 Meter Länge sogar lebensgroß. Nach 1945 gab’s für ihn frische Farbe - seitdem schwebt er wieder herab, wenn Komptendorf Nachwuchs segnet. „Viel zu selten“, sagt Pfarrer Huppatz. Taufengel sind außerdem in Schorbus, Laubst, Groß Breesen, Nossdorf, Lieske, Hornow, Werben und Laasow zu bewundern. In Spremberg gibt es sogar drei Taufengel - zwei im Museum, einen in der Kreuzkirche. Diesem, um 1735 gestifteten mit fröhlichem Gesicht, soll eine vom Verein Pro Spremberg angeregte Aktion jetzt zu neuem Glanz verhelfen: Taler werden geprägt, der Verkaufserlös dient der Sanierung des göttlichen Boten. G. G.

Barocke Kanzeln und Taufengel als Kirchenausstattungen kamen oftmals aus der gleichen Werkstatt. In Kahren schreibt man sie einer Muskauer Schnitzerwerkstatt zu. Pfarrer Helmut Huppatz freut sich, dass ab 2010 die Johanneskirche innen saniert wird und die Schönheit der Ausstattungen besser zur Geltung kommt. Vielleicht schwebt dann auch wieder der Taufengel zum Dienst...



Die Taufschale aus Messing aus dem Lorbeerkranz ist dem Kahrener Taufengel zur ständigen?Benutzung entnommen: Sie trägt das Wappen der Stifter von Pannwitz und Lüderitz und ist mit Datum 1704 versehen. Vermutlich wurden auch adlige Nachkömmlinge der Pücklers hier getauft - Branitz hatte ja keine eigene Kirche
Fotos: Gabi Grube

 

 

 

 

 

 

 

 

zurück...