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Stahl kleben und Partner zusammenbringen
Warum Studenten keine idealen Gründer sind und der TIP noch mehr „Zutaten“ braucht

Cottbus (gg). Markus Stabler sagt es irgendwann im Laufe des Doppelpunkt-Abends: An der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft treffen ganz unterschiedliche Ansprüche zusammen. Während Wissenschaft erkenntnisorientiert arbeitet und gern publizieren will, was erforscht wurde, geht´s den Firmenpartnern meist genau andersherum. Erkenntnisse könnten, zu zeitig veröffentlicht, der Konkurrenz nutzen und statt Erkenntnissen zählen nur Ergebnisse für den Gewinn. Entsprechend schwierig ist es für den?Leiter der Technologietransferstelle, beide Interessen zu moderieren. Geklappt hat es, seit Stabler 2002 die Leitung übernahm, trotzdem schon öfter. Zum Beispiel mit der Kooperation zur Errichtung der Biogasanlage auf dem LWG-Kläranlagengelände. Nach der Forschung kam ein Folgeauftrag mit 1,5 Millionen Euro Etat zustande. Attraktiv für beide Seiten. Nicht immer läuft es so glatt.
Man hätte, um solche Partnerschaften zu befördern, gemeinsam schon gute Projekte begonnen, erzählt Wulf Goretzky, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Cottbus. Dreimal jährlich lädt die Uni im Panta Rhei-Gebäude auf dem Campus zu Themenabenden rund um die praxisnahe Forschung ein. Das nächste Mal am 27. November. Dann wird gezeigt, wie man beispielsweise Stahl kleben statt schweißen kann und wie Mittelständler von dieser Technologie profitieren können. Die Uni hat seit 2003 für derartige Entwicklungen 120 Erfindungen gemeldet, zwei Drittel wurden mit Stablers Hilfe zu Patenten. Für die Uni, wie auch Publikationen, eines von vielen Parametern, die im Ranking Punkte bringen. Mehr als es fruchtbare Wirtschaftsverbindungen je könnten - die Wissenschaftslandschaft setzt hier ganz klar andere Maßstäbe.
Trotzdem kann sich Wulf Goretzky engeres Zusammenarbeiten vorstellen: „Wir verweisen potenzielle Investoren ganz oft auf die Forschungskapazitäten der BTU. Warum kann nicht bei solchen Gesprächen der fachkundige Professor dabei sein? Das könnte interessante Anknüpfungspunkte bieten!“ Stabler sieht Möglichkeiten. Einer von vielen Fördertöpfen würde für Fahrtkosten und Aufwand wohl passen. Ohne solche Anreize würde nichts gehen - Stabler kennt seine Forscher und die Kostenstellen-Bürokratie der Hochschulen. Trotzdem seien oft die Professoren und Alumnis die größeren Hoffnungsträger beim Gründungsgeschehen: „Studenten sind keine idealen Gründer - ihnen fehlt es an fast allem: Geld, Verbindungen zu Märkten und Firmenpartnern - die Erwartungen an sie sind zu groß!“ Ausnahmen bestätigen die Regel, wie das oft zitierte Beispiel der BRAVIS, die mit Videokonferenzsystem von Null auf Hundert gestartet sind. Deshalb sei es eine wichtige Aufgabe, die Verbindung zu den Absolventen zu halten.
Auch bei der EGC fragen Gründer Beratung nach. Goretzky berichtet von einer Filmproduktionsfirma, die sich niederlassen will, einer Bootswerft, die dann leider doch nicht Fuß fasste. Sein Ziel, 400 Arbeitsplätze pro Jahr zu schaffen , hat er dennoch schon übererfüllt. Das Quelle-Callcenter hat allein Zuwachs von 600 Arbeitsplätzen gebracht. Und die Bemühungen bei der EXPO Real in München tragen Früchte: „Wir haben gute Resonanz und viele Gespräche laufen nicht nur bei uns, sondern auch bei den mitgereisten Firmen!“
Ab Januar will er, so die Stadtverordneten zustimmen, auch für die Bestandspflege für Cottbuser Unternehmen Verantwortung tragen. Wirtschaftsförderung aus einer Hand - daran hat er länger als erwartet gearbeitet. Für die Belastungen aus Grundstückkrediten - fast 50 Prozent seines Etats von einer Millionen Euro fressen sie - ist eine Lösung in Sicht. Zeit, die Goretzky hierfür aufbringt, fehlt ihm für Akquise. In zwei Wochen allerdings wird er in Spanien für den Cottbuser Standort werben. Mit welchen knallharten Cottbuser Vorteilen? - will aus dem Publikum CMT-Chef Bernd Koch wissen und fragt nach Steuervorteilen und mehr. Goretzky kann noch nicht aus dem Vollen schöpfen: „Unsere Argumente sind gut ausgebildete Arbeitskräfte und gute Infrastruktur nur 100 Kilometer von Schönefeld entfernt!“ Reicht das, um besser zu sein als das nahe Umfeld des künftigen BBI? Darüber wird noch lange diskutiert.

Zu Gast bei Gabi Grube war:


links: Wulf Goretzky, EGC-Chef: „Auch wir spüren die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise. Zwei angebahnte Ansiedlungen stehen deshalb auf der Kippe! Das Geschäft wird schwieriger.“

rechts: Markus Stabler, Technologietransferstelle: „Firmen und Unis werden nach wirtschaftlichen Maßstäben gemessen. Kein Wunder, wenn sich auch Absolventen so verhalten und abwandern!“

 

 

Am 27. November
reden wir über:
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„Wie entwickeln sich in zukunft unsere Strom- und Gaspreise? mit Vlatko Knesevic

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bernd Koch, CMT-Chef fragt:
„Andere Städte lassen sich viel einfallen und senken Gewerbesteuern. Was tun wir?“
Fotos: BeWe

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