Cottbus.
Schon im 14. Jahrhundert sind Zamperumzüge der Sorben
und Wenden belegt. Die wollen zwar mit Karneval nichts zu tun
haben, gehören wohl aber auch ins närrische Treiben.
Wahr ist: Die Lust am Verkleiden und am spielerischen Rollentausch
zwischen Reich und Arm ist älter als alle Geschichtsschreibung,
doch, sagt Frank Czepok, als Präsident des Karnevalverbandes
Lausitz der oberste Narr der Region, gibt es erste Zeugnisse Cottbuser
karnevalistischer Geschichte aus 1873. Damals gründete sich
der sogenannte Kleine Rat aus Rheinländern und
Cottbusern, die langsam den Karneval aufbauten und bis zum ersten
Weltkrieg auch lebten. Die Rheinländer zog es mit der aufblühenden
Tuchindustrie an die Spree und mit ihnen kamen Elferrrat, Prunksitzung
und Bütt hierher.
Für Letztere ist Blümchen aus Groß Gaglow, der
eigentlich Wilfried Hillebrand heißt, bekannt. Den Mund
hat er sich mit seiner Bütt selten verbrannt, berichtet er,
denn seit 1990 herrscht Meinungsfreiheit auch im Karneval. Ein
Umstand, der mitunter auch den Spaß mindert, denn gerade
in den kleinen Spitzen gegen Staat und Zentralrat lag früher
oft der Reiz, beschreibt Frank Czepok. Wirklich Ärger hätte
es aber auch hier nicht gegeben - sagt er mit Blick darauf, dass
auch heute der öffentliche Rundfunk gern mal zensiert, was
über die Bildschirme laufen soll. Das ärgert die Narren
schon, denn gerade in der Persiflage und Kritik der Regierenden
findet der Karneval seine Bestimmung und Erfüllung. Nur in
den 50er Jahren - da drangsalierte die Bezirksleitung der SED
so arg den jungen Nachkriegs-Karneval, dass mit dem studentischen
Akt 1956 - ein Sarg wurde durch die Stadt getragen - der Cottbuser
Karneval sein vorläufiges Ende fand.Vor allem die preußisch
anmutende Prinzengarde war den Kommunisten ein Dorn im Auge. Im
Publikum erinnert sich Arno Heering daran, wie es hinterher weiterging:
Karneval gabs vorerst nicht, wohl aber Fasching mit
bunten Feiern und zahlreichen Maskenbällen in vielen Sälen.
1960 organisierte der Clubrat im Haus der Jugend auch wieder einen
Karneval mit Prinzenpaar und Garde! Da war er der Prinz
der Session. Später bahnte sich nach ersten Anfängen
1989 und 1990 der erste große Umzug der Narren 1992 einen
Weg durch die Innenstadt.
Das Kölnische Vorbild blieb immer erkennbar. Obwohl, sagt
Blümchen - einen gravierenden Unterschied gäbe es zur
Rheinischen Fröhlichkeit: Hier wird Karneval von?Herzen
gemacht und nicht von Geldbörsen! Ausschließlich
im Ehrenamt und in der Freizeit stemmen Lausitzer Karnevalsvereine
hunderte Veranstaltungen und wertvolle Kinder- und Jugendarbeit,
tanzen fast wie Profis und erarbeiten Programme.
Nebenbei ermöglicht der Karneval auch wirtschaftliche Impulse
und Kontakte - sei es beim fröhlichen Treff unter Narrenkappen
als auch bei Kostümschneidern und Brauereien.

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Zu Gast bei Gabi
Grube war:

links:
Wilfried Hillebrand: In diesem Jahr bekommt unser OB Szymanski
in meiner Bütt auch sein Fett weg! Das ganze Jahr sammle
ich schon Stichworte. Das Bes-te: Es gibt guten närrischen
Nachwuchs in der Bütt!
rechts:
Frank Czepok, Präsident des KVL: Für eine lückenlose
Chronik suchen wir Dokumente und Fotos der zahlreichen betrieblichen
Faschingsfeiern und Karnevals zwischen 1960 und 1980. Wer findet
sie im Archiv?
Am
20. November
reden wir über:
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Wer
und was kurbelt die Wirtschaft in Cottbus an? - mit Wulf
Goretzky von der EGC und Markus Stabler von der Technologietransferstelle
der BTU
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