aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Wer nichts weiß, muss zitieren
„Trilogie der Träume“: ein Hoffen, zwei Desaster, jede Menge Applaus

Cottbus (MB). Ein Schauspielabend, drei Stücke. Was wird das schon wieder? Ein Quäntchen Argwohn schlich um die Garderoben. Er war zur ersten Pause, die Demonstration jugendlicher Sprachlosigkeit mühsam überwindend, noch in manchen Gesichtern. Dann aber packten die Konflikte auch die Zweifler - Mario Holetzeck, der neue Schauspieldirektor, hatte gewonnen. Er durfte nach viereinhalb Stunden ein hellwaches und begeistertes Publikum erleben. Das war großes Schauspiel mit einem Ensemble, das keinen ausließ und einige hoffnungsvolle Gesichter präsentierte. Diese „Trilogie der Träume“ bietet packendes Theater, macht manchmal sprachlos, belustigt, erschreckt und unterhält auf jeden Fall.
Da fehlen Worte
Sie lungern am Busch, hängen rum, sind voller Bewegungsdrang, aber ohne sprachliches Repertoire. Eckige Gesten, oft clownesk, und Anmache führen zu Dialogen. Junge Menschen, verbal brutal und - diese Botschaft leistet das junge Team - doch höchst sensibel. Träume verstecken sich noch unter fehlender Traute. Ariadne Papst, Johanne Emil Fülle, Oliver Seidel, Jan Hasenfuß und Roland Scholl spielen die Geschichte von Andri Beyeler in einer Fabrikruine aus Betonfragmenten, die auch über den folgenden Stücken weiter zu bersten drohen.
Monster der Mitte
Sie beherrschen Zitate und übertreffen sich damit. Ihr Auswendiges reichte nicht fürs Leben. Kaputt sind die 40-jährigen, die Generation in der Mitte belügt sich. Die Erkenntnis wird qualvoll gespielt. Kompromisslos gut: Gunnar Golkowski, Rolf-Jürgen Gebert, Kai Börner, Kath-rin Panzer, Johanna-Julia Spitzer, Ariadne Papst, Amadeus Gollner, Johanna Emil Fülle.
„Die Nebensächlichen“ stülpen sich Tierschädel über und schlagen sich die eigenen Scheitel ein. Das Cello von Susanne Paul ist noch immer kommentierend dabei, Jürgen Kirners Bühne ist ein wenig (spieß)bürgerlich geworden, aber sie bleibt beim Beton-Zitat, das auch hinüber geleitet zum dritten Stück des abends: „Blütenträume“.
Schauspielereien
Hier haben nun „alte Hasen“ Gelegenheit, Charaktere zu malen - welche Wonne. Pubertät mit 60, schüchterne Blicke, den Gewohnheits-Puff verdrängend. Im Volkshochschulkurs „von Herz zu Herz“ treffen sich Gabriele Lohmar, Hans-Peter Jantzen, Michael Krieg-Helbig,
Heidrun Bartholomäus, Susann Thiede, Michael Becker und Erika Kerner bei Lektor Thomas Harms. Es ist so köstlich! Und vielleicht so wahr. J. Hnr.

Nur indirekt haben die Stücke der Trilogie miteinander zu tun. Es gibt keine verknüpfte Handlung, nur thematische Parallelen. So kann es geschehen, dass eine Gruppe spätpupertierender Volkshochschüler der 50-plus-Generation durch die Szene der „Jungschen“ irrt Fotos: Marlies Kross

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