aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Ein Bauernsohn nannte sich Literat
Matthes Kossick dichtete vor 130 Jahren unverstanden im Werbener Hof

Sein Vater George Kossick, fleißiger Kossät neben dem Bomsdorffschen Gutshof, hätte den Mato lieber hinterm Pflug gesehen. Aber der saß in der halbdunklen Stube, kritzelte teures Papier voll und nannte sich „Literat“. Man schrieb die Jahre 1877 bis 1883 und eigentlich ging es nach dem gewonnenen Krieg ganz gut in Deutschland. Doch Mato hatte Weltschmerz, und nun hieß er „wendischer Poet, blieb unverstanden und einsam. Kaum jemand konnte lesen, was er schrieb, und wenn, hätten’s nur wenige verstanden. Matthes Kossick, wie er deutsch hieß, schrieb in diesen Jahren wohl hunderte Gedichte in Werben und hinterließ später ein umfangreiches, literarisch tatsächlich wertvolles Werk. Aber dazu musste er hinaus die Ferne. Völlig überraschend verließ der am 18. Juni 1853 - also vor 155 Jahren - hier Geborene die liebe Niederlausitz und wanderte aus nach Amerika. Er studierte dort Theologie, absolvierte ein Predigerexamen und wollte damit eine wendische Pfarrstelle daheim. Doch die deutsche evangelische Kirche war ein höchst bürokratisches Unternehmen; sie erkannte den fremdsprachigen Dienst am Herrn nicht an, und so verschlug es Kossick wieder in den Mittelwesten - bis an sein Lebensende blieb er in Oklahoma und war zuletzt Farmer - das hatte er eben doch als Familienerbe erlernt in Werben. Sein Haus steht noch heute am Rande des Dorfes Albion, und auch sein Grabstein ist erhalten. Am 22. November 1940 starb Kossick. Was er als Literat wohl nie geschafft hätte, glückte ihm als Bauer: Er kam, auch durch erfolgreiche Landspekulation, zu Vermögen und verteilte viel davon an arme Menschen seiner Umgebung und auch an die Werbener daheim. In seiner Erinnerung idyllisierte er die Heimat, der er großen Raum in seinem Herzen gab. In einem Brief, den er ein knappes Jahr vor seinem Tod schickte, schilderte er den Dreiklang der Werbener Glocken, „bekannt im ganzen Kreis als das schönste Glockenspiel, ständig ausbreitend ihre Melodie und immer wieder anders klingend und das Herz zum Erinnern aufrufend, nachzudenken über die traurigen und freudigen Ereignisse des vergänglichen Lebens.“ Der Heimatautor Siegfried Ramoth hat in seinem Buch, erschienen 1995, auch seinem Dorfkollegen ein Denkmal gesetzt und bedauert, dass Kosyks Publikationen nur wendisch erschienen, „was die Popularität des Literaten bremst.“ H.



Wendische Alltagsszene am Bahnhof der Spreewaldbahn in Werben in den 1920er Jahren. An dieses Leben in der Lausitz dachte Kossick im fernen Amerika immer mit Sehnsucht



In historischen Kutschensammlungen
kann man gelegentlichauch die prachtvoll
ausgestatteten Leichenwagen finden. Sie waren bis in die 1950er Jahre auch hier in
der Niederlausitz unterwegs. Entweder gehörten sie Gespann-Unternehmern oder
manchmal auch den Handwerksinnungen,
die ihre eigenenBestattungswagen,
Sterbekassen und Trauerrituale
hatten
Foto: Hnr.

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