aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Wo Weinbau Historie hat, hat er auch Zukunft
Reinhard Hüttl: Wärmer wird es vielleicht nicht, aber unser Weinbau wird professioneller/ Marbach: Wirtschaftlich wird es ab 4 bis 5 Hektar / Weinbaurecht in Deutschland besonders hemmend

Region. Als Brunnenwasser noch leicht verderblich und nicht immer zugänglich war, gehörte Wein als Lebensmittel in jeden Keller. Schon ab dem 12. Jahrhundert, zuerst in Doberlug-Kirchhain, ist Weinbau in unserer Region wichtig gewesen. Rund 500 Hektar Rebenfläche gab es einst, bis die Reb-laus und eine kleine Eiszeit hereinbrachen. „Wahrscheinlich kamen mit dem Bergbau auch die Biertrinker in die Region“, mutmaßt Prof. Reinhard Hüttl mehr im Scherz. Jedenfalls ist dieser Bergbau und seine Rekultivierungs-herausforderung heute in doppeltem Sinne wieder der Nährboden für neue Weinbauideen. Und Hüttl als Rekultivierungsexperte der BTU gemeinsam mit Vattenfall einer ihrer Vordenker. Auf ehemaligen Tagebauflächen bei Welzow wurde geerntet (Die GRÜNE Heimatzeitung berichtete) und von 71 Flaschen des 2007er Jahrgangs muss noch eine für Landwirtschaftsminister Dietmar Woidke reserviert werden, denn das strenge Weinbaurecht gehörte neben Boden, Klima und Wasser zu den Herausforderungen für die Forscher. Hubert Marbach hat für zwei Hektar am Jerischker Weinberg im Muskauer Faltenbogen auch Rebrechte bekommen. Das war nicht einfach, obwohl Brandenburg mit rund 15 Hektar Weinbauflächen den großen Traditionsweinregionen (Deutschland hat rund 100 000 Hektar Weinbauflächen) gegenüber steht wie eine Ameise einem Elefanten, gibt es Begehrlichkeiten. Hüttl bestätigt: Besonders aus Sachsen kamen Bedenken. Trotzdem wurden am 5. Mai am Jerischker Weinberg 8000 Rebstöcke gepflanzt, im nächsten Jahr will Hobbywinzer Marbach den ersten Wein davon trinken. Wenn seine Pläne aufgehen, dann könnte langfristig auf etwa der doppelten Fläche schon ein auskömmliches Geschäft für ihn und vielleicht auch einen Mitarbeiter dabei herauskommen. Bis dahin steht noch Arbeit an: Ausgeizen, Bewässerung organisieren und den richtigen Erntezeitpunkt treffen. Jeden Tag ist der ehemalige Bergbau-Experte bei seinen Reben.
Im Gegensatz zu ihm konnten sich die BTU-Forscher auf einer zweiten geplanten Fläche am Wolkenberg im Tagebau Welzow den Weinberg selbst modulieren - Hangneigung, Bodenzusammensetzung, Wetterschutzflanken - das alles ist optimal geschaffen für 2,5 Hektar Weinanbau, der ab 2010 beginnen soll. Mineralien, Kalk, Humus und Ton begründen die gute Weinlage. Hüttl: „Neue Klimadaten widerlegen zwar die These von der kommenden Erwärmung in Europa, aber wir haben in der Region hinreichend Sonne und wenn wir das Wasser in den Griff bekommen, dann hat Wein hier eine Zukunft!“ Das besonders, weil das Forscherteam auf eine große Aufgeschossenheit gegenüber dem Weinbau getroffen ist. Bei Medien, bei Anwohnern, in Politik und Wirtschaft. Hüttl: „Hier sind Wurzeln noch vorhanden und nur mit einer Weinbau-Historie im Rücken, mit dieser positiven Einstellung kann man auch eine Zukunft des Weins in den Menschen pflanzen!“
Bei Hubert Marbach ist die Saat in diesem Sinne schon aufgegangen. Mit Herzblut erzählt er von seiner Pflanzaktion, bei der die Technik aus dem Mittelrhein das erste Mal Pflanzen in Lausitzer Boden setzte. Und er schenkt den sogenannten „Pflanzwein“ aus (kein Anlass im Weinbau, zu dem nicht auch getrunken würde!), Riesling, der aromatisch und frisch ins Glas fließt und der Vorbild für seine eigenen Weinansprüche ist. Dazu gehört auch der Plan, einmal selbst eine Kellerei zu betreiben, das Weinbauumfeld touristisch zu nutzen und damit dem Strittmatterland zu helfen. Das schmeckt den Gästen alles sehr. Ebenso, wie der Rotwein aus der Domäne Baron de Rothschild, der zum Themenabend aus dem DoppelDeck-Keller kredenzt wird. Man plaudert noch lange darüber und jeder spürt die besagten Wurzeln...

Zu Gast bei Gabi Grube waren:


Links: Prof. Reinhard Hüttl, BTU-Lehrstuhlleiter Bodenschutz und Rekultivierung: „Beim Erntezeitpunkt müssen wir noch lernen, aber Lausitzer Wein hat Zukunft!“


Rechts: Hubert Marbach, Winzer aus Jerischke: „Freunde und Berater aus meiner Heimat am Mittelrhein haben mich für sehr mutig erklärt, was meint: Du bist verrückt!“

Lothar Nicht, Beigeordneter für Ordnung, Sicherheit, Umwelt und Bürgerservice und LINKEN-Landesvorsitzender Thomas Nord bei Gabi Grube: „Es ist die den LINKEN eigene Streitkultur, dass über unterschiedliche Standpunkte offen geredet wird!“

Hunderte Gäste mit Stadtführer Michael Apel besuchten die WernerPASSAGE kurz bei ihrem Modellstadtspaziergang am späten Donnerstag abend. Da war der Pflanzwein, den Hubert Marbach zum Verkosten in den „Doppel:Punkt“ mitgebracht hatte, leider schon getrunken. Moderatorin Gabi Grube lud trotzdem ein, mal wieder vorbei zu schauen: Auf der Weinkarte steht gerade der legendäre „A“ - d’Aussières von der Domäne Baron de Rothschild und wochentägliches MIttagsbuffett Fotos: BeWe

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