aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Schläfriges Oktoberfest
Anmerkungen zu „Kasimir und Karoline“

Cottbus. Es ist eine melancholische Beziehungsgeschichte, die sich auf dem Oktoberfest 1929 zuträgt. Der ungarisch-deutsche Autor Ödön von Horváth (Jahrgang 1901), der „gegen die Dummheit“ schreiben wollte, dabei recht produktiv war, aber 1938 in Paris von einem Baum erschlagen wurde, hätte wenig Freude an dem Cottbuser Oktoberfest (Regie: Bettina Jahnke) gehabt. Die Geschichte ist, der endlos langen Bühne im längsseits bestuhlten Raum entsprechend (Ausstattung: Gundula Martin) langweilig erzählt. Kasimir (ein unterforderter Gunnar Golkowski) und die eher vertrottelte als lebenshungrige Karoline (Serena Gruß) verlieren sich und alle Spannung auf den langen Wegen. Sogar Leitern sind bisweilen zu überwinden. Das kennt man gar nicht als Oktoberfestbesucher.
Dagegen kennt man irre Typen von dort. Einige, die das Manuskript anbietet, hat die Regie weggelassen, dafür sind Kommerzienrat Rauch (Rolf-Jürgen Gebert) und Landgerichtsdirektor Speer (Michael Krieg-Helbig in Glanzform) trefflich angelegt. Sie sind tragig-komische Heroen der Wirtschaftskrise. Wie der schüchterne Zuschneider (Oliver Seidel) dem Kommerzienrat geschäftlich paroli bietet, gehört zu den schönsten Szenen. Merkl hingegen wird überzogen klamaukig angelegt (Thomas Harms). Er schleppt ein Wrack von Weib (Susann Thiede) mit sich rum, das am Ende die stärkste Persönlichkeit bleibt. Franziska Hartmann als Maria und Theresa Waas als Elli sind zwei deftige Wies´n-Mädels, Gabriele Lohmar die herzergreifend singende Juanita. Dafür, dass die Stimmung schrammlig anmutet, sorgen drei Musiker. Aber die passen mehr zu einer wendischen Fastnacht im Stadium der überwiegend geleerten Likörflaschen. Dem Volksstück fehlt das Druckvolle, der Vulkan, der immer grollt. Warum sonst sollte Horváth sein Stück auf die Wies´n verfrachtet haben?
Es gab für alle Darsteller gleichmäßig Beifall. J.H.



Der feine Zuschneider Schürzinger
(Oliver Seidel) gerät zwischen
Karoline (Serena Gruß) und den
griesgrämigen Kasimir (Gunnar Golkowski)

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