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Braunkohle: Keine Konkurrenz über die Löhne
Gewerkschaft IGBCE und Arbeitgeber über den Tarifabschluss bei Vattenfall im DoppelDeck

Sie saßen sich schon manches Mal an den Tarifverhandlungstischen gegenüber: Ralf Hermwapelhorst, Bezirkschef der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie und Energie in Cottbus mit rund 18 000 Mitgliedern im Rücken (IGBCE) und Gerd Rückert, der bis 2007 im Wirtschaftsverband Kohle und heute im Deutschen Braunkohleindustrieverein DEBRIV für die Arbeitgeberseite und die stärksten Firmen der ostdeutschen Braunkohle- und Montan-Branche einsteht.
Da gab es auch schon harte Verhandlungen, an die sich beide erinnern. Vergleichsweise schnell war demgegenüber die Einigung erzielt, die vor wenigen Tagen getroffen wurde: Vattenfall-Mitarbeiter bekommen rückwirkend ab 1. Januar 3,9 Prozent mehr Einkommen. Hinsichtlich der Notwendigkeit dieses Schritts gibt es auch beim ehemaligen Tagebauchef aus Jänschwalde, Gerd Rückert, keinen Zweifel: „Der Bergbau muss gute Löhne zahlen, sonst hat er ganz schnell das Nachwuchsproblem. Schon jetzt ist es spürbar: Hatte Vattenfall in den letzten Jahren noch 1400 Ausbildungsbewerber, so waren es im letzten Jahr nur noch 700.“
In der Energiewirtschaft, so betont er, würde man sich nicht über Personalkos-ten Konkurrenz machen. Dauerhaft niedriges Vergütungsniveau schlägt auf die Zuverlässigkeit und Qualität durch. Zugeständnisse hätte
es natürlich in wirtschaftlich schwachen Jahren immer gegeben. Aber das sei nicht durchzuhalten - eine Erkenntnis, die sich in der Lausitz wegen des drohenden Fachkräftemangels noch viel mehr durchsetzen müsse.
Ralf Hermwapelhorst sieht das genauso. Die Angst, dass sich Tariferhöhungen auf die Strompreise auswirken, teilt er nicht. „Trotz der Stillstände in Brunsbüttel und Krümmel hat das Unternehmen über 10 Prozent Umsatzzuwachs gehabt. Immerhin gab es die Preiserhöhungen schon vor Tarifabschluss!“ Mehr von diesen Geldern müsste nun in der Region bleiben, in neue Technologien und sichere Arbeitsplätze investiert werden. Und es bliebe noch viel zu fordern: familienfreundliche Arbeitsplätze, Regelungen für einen sozialverträglichen Ausstieg der Älteren zugunsten der Jüngeren ect.
Da hakt Gerd Rückert ein: Die Bilanz von Vattenfall weise zwar 1,6 Milliarden Euro Betriebsergebnis aus - davon allerdings gingen (2006) nur etwa 75 Millionen Euro als Gewinn nach Schweden - Investitionskosten für neue Tagebaue, Kraftwerke und Technologien, Sozialleistungen und Löhne sind dagegen zu rechnen. Und zu Recht bestehe man auch auf auskömmlichen Renditen, die das Rückgrat jeder wirtschaftlichen Entwicklung sind.
Und die Sprache kommt auf die Energiestrategie des Landes, die zurzeit überall diskutiert wird. Gerd Rückert mahnt mehr fachliche Auseinandersetzung an, die hinter den politischen Zielen meist fehlen würden: „Wenn man bis 2020 den Anteil der erneuerbaren Energien auf 20 Prozent steigern will, dann müssen bis dahin auch die Durchleitbedigungen durchs Netz geregelt sein. Früher hatten wir in
Jänschwalde sechs bis sieben Eingriffe in den Kesselbetrieb durch Windkraftspitzen pro Jahr - heute ist das täglich der Fall. Das erfordert, das Landesplanung intelligent zugunsten einer sinnvollen ökologischen Bilanz über alle Energieformen die Weichen stellt!“ Ähnliches gelte für die CO2-Abscheidung - was nütze eine Technologie, wenn am Ende für die Verbringung des Kohlenstoffdioxids keine Genehmigung erteilt würde. Fragen, die die Energiewirtschaftler auch im Sinne sicherer Arbeitsplätze im Detail beschäftigen, deren Lösung das Strategiepapier aber noch lange nicht aufzeige.



Tief unterm Lausitzer Ackerboden liegt der unermeßliche Schatz dieser Region. Seit mehr als hundert Jahren nährt er die Stände. Heute wird mit beeindruckender Technik geschürft. Die diesen angesehenen Job machen, sollen gut bezahlt werden Foto: Archiv

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