aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Die „Guten“ stehen immer in Augenhöhe
Volksmusikstar Achim Mentzels Musikgeschmack ist von Beatles und Rollings Stones geprägt

Cottbus (gg). Er erscheint eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn und ist damit pünktlicher als die meisten Gäste. Er trinkt Wasser, schaut sich im DoppelDeck um, fragt nach, schnuppert Atmosphäre.
Achim Mentzel ist ein Vollprofi, was seine Bühnenauftritte
anbelangt. Und auch das war einer am Montag im Künstlerstammtisch. Sobald die Spots an sind, fangen die Augen an zu leuchten, gestikulieren die Arme, lacht der ganze zwei-Zentner-Mann, ohne dass es künstlich wirkt. Er ist einfach gut gelaunt, auch ohne Alkohol, erzählt über seine Kindheit im Prenzlauer Berg mit Entbehrungen, wilde Rockbandzeiten in Berlin in den 60ern mit Nina Hagen und jeder Menge Ärger mit den Frauen. Auch über seinen Versuch, 1973 in Westberlin und dem Saarland Fuß zu fassen. „Ich hatte gedacht, die warten auf mich im Wessiland, wollte denen zeigen, wie man Musik macht, aber das war nicht so!“
Sechs Monate später war er wieder in der ostdeutschen Republik. Er fand heraus, was er wirklich konnte: „Ich wollte kein ältlicher Rockstar werden und mir lag es schon immer, die Leute in Stimmung zu bringen - das wurde mein Kapital!“
Von der Gitarren-Musik der Beatles und Rolling Stones ging’s zur leichten Unterhaltungs-Musik, zum Schlager, später zur Volksmusik. Hits wie „Gott sei dank ist sie schlank“ trällerte man von der Ostsee bis ins Vogtland. Von dort bis ins Fernsehen - 1988 in den ersten „Kessel Buntes“ - war es dann nur noch ein kleiner Schritt.
Und obwohl die Beschäftigung mit dem Genre immer auch das Musikhören bestimmt, stehen heute noch die Platten und CDs der 60er Jahre Rebellen um Mick Jagger in Augenhöhe im Regal in Gallinchen, wo der deutschlandweit bekannt Entertainer wohnt.
Wie er da hin kam? Für ihn und sein vierte Frau Brigitte, die drei Kinder in die Ehe brachte, gab es 1979 in Berlin keine passende große Wohnung. In Weißwasser fand man sie, später baut der Musiker ein Haus in Gallinchen. „Nach Berlin kriegt mich keiner mehr - hier ist es schön ruhig!“, sagt er überzeugt und lobt die Standortvorteile von Cottbus besser als es je ein Wirtschaftsförderer auf diesem DoppelDeck-Podium getan hat.
Überhaupt hat er für seine Spreewälder Heimat auch im Fernsehen oft eine Lanze gebrochen, die Spreewald-Gurke machte er im ganzen Land bekannt, heute noch feiert er das Spreewaldstadl, um weit gereiste Gäste in Lehde gut zu unterhalten. „Ich verstehe nicht, warum man nicht mehr aus dieser regionalen Spezialität macht - alle Sorten, alle Geschmacksrichtungen gehören deutschlandweit vermarktet“, fast schimpft er ein wenig, wenn er darüber nachdenkt, warum die Lausitzer Region so unter Wert gehandelt wird. „Von so`nem bunten Hund wie mir, könnten sich die Stadtväter doch mal einen Rat annehmen!“
Zumindest, was sein eigenes Marketing angeht, hat er Sachverstand bewiesen. Als Komiker Oliver Kalkofe ihn 1996 in seiner Kritikersendung „Kalkofes Mattscheibe“ böse auf die Schippe nimmt, lacht sich Mentzel vor dem Fernseher schief, schreibt „Kalki ist doof“ an die Tafel in seiner Sendung und provoziert eine Auseinandersetzung mit seiner Person, die heute in einer Freundschaft der beiden ungleichen Männer gemündet ist. Auch darüber erzählt er dem Publikum gern. Eine gehörige Portion Humor und die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, beschert ihm kurze Rollen in drei Kalkofe-Filmen „Der Wixxer“. „Irgendwann werde ich den Oliver auch in meine Sendung holen und dann auch mal in den Spreewald“, verspricht Mentzel. Doch zunächst ist er auf Weihnachtstournee mit „Achims Weihnachtskiste“ und plant die kommenden Spreewaldstadl in Lehde. Im Management unterstützen ihn zwei seiner Söhne. Acht Kinder insgesamt sagen zu Achim Mentzel „Papa“. Das neunte Enkelkind ist unterwegs. Die Stimmungskanonen haben heute jede Menge familiären Rückhalt, um sich die gute Laune zu bewahren.
Und mit den Gitarristen des Konservatoriums improvisiert er zum Abschluss des unterhaltsamen Abends einen Blues, der alles andere als traurig klingt. Im herzlichen Applaus steckt ehrliche Bewunderung für soviel Energie.



Zum Schluß hielt es ihn nicht mehr auf dem Podiumsplatz des Künstlerstammtisches - zum Gitarrenblues von Konservatoriumsschülern rockt Stimmungskanone Achim Mentzel spontan. Der Abend zeigte aber auch ganz stille Seiten des Spaßmachers
Foto: Hnr.

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