aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Der Ansatz ist nicht schlecht, aber die Politik...
Pro und Contra Nichtraucherschutzgesetz / Folgen: Lärm und Kippen auf der Straße?

Cottbus. Es roch dann doch irgendwann nach Rauch, obwohl zu Anfang der DoppelPunkt-Runde noch vereinbart wurde, für einen Abend lang auf Qualm zu verzichten. Sozusagen als Selbstversuch. Damit ist im Kleinen gezeigt, was auch im Großen die Politik für gegeben hält: Mit Selbstverpflichtung und Freiwilligkeit ist der Schutz der Nichtraucher nicht durchzusetzen. Landtagsabgeordnete Dr. Martina Münch als gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion verteidigt daher das kommende Gesetz. Noch im Dezember soll es beschlossen werden. Gerade gegen die Einmischung der Politik aber zieht Detlef Bothe als Gastwirt und Betreiber des Tanz-Café „Stadt Cottbus“ ganz entschieden zu Felde: „Man hätte den Wirten freistellen sollen, ob Sie ein R für Raucher oder N für Nichtraucher an ihr Lokal machen - dann hätte es auch genug Nichtraucherschutz gegeben...“ Gerade in der Gastronomiebranche wird zur Zeit durch steigende Lebensmittelpreise und rückgehende Kaufkraft eine dicke Umsatzdelle verbucht. Nun diktiert die Politik die nächsten herben Einschläge.
Lungenarzt Dr. Frank Käßner zitiert die guten Beispiele nicht nur aus Irland, Spanien und Italien, sondern auch die des Vereins „Rauchfreie Stadt Cottbus“, dem er vorsteht. Mit dem Café Schiller ist auch eine Cottbuser Gastwirtin bekennende Nichtraucherin und verzeichnet dadurch Umsatzzuwächse. „Wir haben doch aber eine ganz andere Kundschaft“, protestiert Bothe und will nicht Äpfel mit Birnen vergleichen oder Qualmerei mit Zigarrenkult: „Manches Gasthauskonzept setzt auf Drinks und Zigarrenkult - mit dem neuen Gesetz wird ein Stück Kultur vernichtet!“
Die Zahlen der Gesundheitsstatistik allerdings sind dramatisch: In Dr. Frank Käßners Ambulanz haben von 3 000 Patienten im Quartal zwei Drittel eine Krankheit, die auf Tabakkonsum zurückzuführen sind - in ganz Deutschland sterben 3 300 Menschen an Passivrauchen. „Die Freiheit der Raucher hört da auf, wo der Schutz der Nichtraucher beginnt“, meint Käßner. Nichtrauchen sei gesellschaftlicher Konsens, das kommende Gesetz ein Ausdruck dieser gesellschaftlichen Entwicklung.
Doch Detlef Bothe sieht auch andere Probleme: „Wenn unsere Gäste nachts um drei Uhr zum Rauchen vor die Tür gehen, dann wird als nächstes wegen des Lärms wieder der Standort in der Innenstadt in Frage gestellt. Wer wird sich um Ordnung und Sauberkeit kümmern?“ Er befürchtet, dass der Gastwirt auch darauf sitzen bleibt. Bei den meisten ist die Finanzdecke zu dünn, um noch mehr Kosten und Umsatzeinbußen abzufedern.
Vorgesehen ist es anders: Die Ordnungsämter sollen die Einhaltung kontrollieren, sagt Martina Münch. Mit welchem Personal, ist nicht klar. An Details wird noch gefeilt. Zum Beispiel an der Regelung für Raucher-Nebenzimmer. Martina Münch sammelt Argumente unter den anwesenden Gastwirten: „Ist es nicht besser, keine solche Ausnahmen zuzulassen?“, fragt sie, um die Antworten in die nächste Beratung der Arbeitsgruppe mitzunehmen.

Bis Mitte April dieses Jahres sollten freiwillig 40 Prozent der Gaststättenplätze Nichtraucherplätze sein - der freiwillige Versuch ist gescheitert, sagt Dr. Martina Münch. Gesundheitsschutz sei Grundrecht, Politik müsse sich einmischen. 40 Mrd. Euro kosten Raucherkrankheiten im Jahr

Zu Gast bei Gabi Grube waren:

Landwirtschaftminister Dietmar Woidke: „Das System muss ausgewogen sein - das ist noch nicht immer der Fall. Es gibt Verlierer und Gewinner der Entwicklung!“

 

 

 

 

 

Dr. Frank Käßner: „Ich habe früher selbst geraucht - jetzt liegt mir der Schutz der Nichtraucher am Herzen. Vielleicht führt das Rauchverbot doch bei Manchem zur Einsicht, aufzuhören.““

Gastwirt Detlef Bothe: „Man hätte das über den Arbeitsschutz für die MItarbeiter klären können. Stattdessen gibt’s neue Gesetze, Flickschusterei, Ungerechtigkeit und Bevormundung...““

Das vorsichtige Fazit dieser Runde:

: 90 Prozent der Raucher haben schon mindestens einmal versucht, sich das Rauchen abzugewöhnen oder wollen es immer noch, das Gesetz soll sowohl ihnen helfen als auch die Nichtraucher schützen
: Das Gesetz macht dabei keinen Unterscheid zwischen Speiserestaurants und Diskotheken, Rauchen wird nur ein geschlossenen Vereinsheimen erlaubt sein
: Der Unmut der Gastwirte richtet sich nach Mehrwertsteuererhöhung und gestiegenen Lebensmittelpreisen gegen neuerliche Bevormundung und politisch vorgegebene Umsatzeinbußen

Kommende Woche
reden wir über:

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Ein Jahr Frank Szymanski: Der OB stellt sich seinen Kritikern, auf dem Podium vertreten durch Matthias Schulze (FDP-Fraktion)

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