aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Taktik und Kooperation statt nur Technik
2 000 Bundespolizeibeamte stellen sich auf wegfallende Grenzkontrollen ein /
Termin noch unklar

Cottbus. Die Grenze Brandenburgs zu Polen ist rund 250 Kilometer lang. Daran aufgereiht hat bislang die Bundespolizei die Pässe kontrolliert, illegale Grenzübertritte entlang der grünen Grenze zu verhindern versucht. Jährlich rund 800 „vollendete“ illegale Einreisen hat sie 2006 gezählt. Noch einmal so hoch liegt die Ziffer, wenn auch die vor der Grenze Ertappten gezählt würden.Ab Dezember wird sich die Arbeitsweise durch den Beitritt Polens zum Schengener Abkommen ändern. Auch die Vizechefin des zuständigen Bundespolizeiamtes, Martina Kessow, kennt den genauen Termin noch nicht, aber das soll noch vor Weihnachten geschehen: „Erst wird der europäische Rat über die Schengen-Tauglichkeit Polens entscheiden - aber wir sind dies- und jenseits der Grenze gut vorbereitet“, schildert sie. Bei einer Übung an der Autobahn A15 wurde die Technik letzte Woche getestet. Künftig werden im 30-Kilometer-Raum mobile Fahndungen stattfinden. Auch deutsche Autofahrer könnten bald Zeugen solcher Kontrollen werden, die bis in das Cottbuser Stadtgebiet reichen werden. Das Thema Personalabbau sei aber noch ein heikles - man brauche auch für mobile Kontrollen viele Mitarbeiter, müsse nun aber erst einmal die Erfahrungen der ersten Wochen abwarten.
Weniger Staus
Unternehmer Reinhard Schulze, in Forst und Cottbus betreibt er Autohäuser, sieht auch eher Chancen als Risiken in der neuen Regelung, obwohl: „...einen Sicherheitsdienst braucht man schon für sein Firmengelände an der Grenze und ganz sicher wird es mal Diebstähle geben - wichtig ist, dass sich Polen wirtschaftlich schnell entwickelt, dann gibt es bald keinen Grund mehr für Langfinger!“
Allein 10 000 LKWs frequentieren täglich die Grenze in Frankfurt(Oder), weiß Kessow, 59 Millionen sind es in einem Jahr, für den Verkehr wird es mit der Grenzöffnung eine Erleichterung geben. Seit 1998 gibt es gemeinsame Kontrollen durch polnische und deutsche Grenzbeamte - dabei sind nicht nur Ehen gestiftet worden, sondern auch gut funktionierende Netzwerke der Sicherheit und Information, schildert die Polizeidirektorin.
Technik und Sprache
Die Sprache bilde da zwar immer noch ein Hindernis, aber deutsch-polnische Handbücher gehören zur Grundausrüstung der Beamten. Das Zusammenspiel sei weitaus wichtiger als die Technik, betont sie mehrfach an diesem Abend.
Obwohl gerade die Technik Staunen abverlangt: Mit sogenannten „Power-Moons“ - schwebenden Lichtballons - wird ein mobiler Kontrollpunkt taghell erleuchtet, um Verkehrsunfälle zu verhindern. Passprüfgeräte und schnelle Motorräder gehören ebenso dazu.
Das allein aber genüge nicht. Immer öfter stellt die Bundespolizei zweisprachige Mitarbeiter ein. Das würde auch Reinhard Schulze tun, aber für Polen wird der deutsche Arbeitsmarkt erst 2009 offen werden.
Mitunter schaue sie neidisch auf die technische Ausrüstung der polnischen Beamten, sagt Martina Kessow, hier spiegelt sich wider, was auch Reinhard Schulze beobachtet: „Das Qualitätsbewußtsein bei den Polen hat sich drastisch verändert! Wurden bis 2006 noch 900 000 Autowracks über die Grenze gebracht, so ordert man heute hochwertige Fahrzeuge!“ Nicht nur für den Grenzschutz, auch privat.

Zu Gast bei Gabi Grube waren:

Landwirtschaftminister Dietmar Woidke: „Das System muss ausgewogen sein - das ist noch nicht immer der Fall. Es gibt Verlierer und Gewinner der Entwicklung!“

 

 

 

 

 

Polizeidirektorin Martina Kessow vom Bundespolizeiamt: „Die Zusammenarbeit mit den Polen macht Spaß. Ich glaube, auch die Bürger wissen, dass wir gut vorbereitet sind!“

Autohändler Reinhard Schulze: „Wenn sich Polen wirtschaftlich gut entwickelt, muss man auch vor offenen Grenzen keine Angst haben. Wir jedenfalls prüfen Investitionen in Breslau !“

Das vorsichtige Fazit dieser Runde:

: Europa wird offener und größer - für die Menschen birgt das sowohl Chancen als auch Risiken. Polen wird finanziell inzwischen so gut unterstützt, dass auch Polizeidirektorin Martina Kessow keine technischen Probleme nach dem Beitritt zum Schengener Abkommen sieht
: auf mobile Kontrollen an Autobahnen müssen sich auch deutsche Bürger einstellen. Kessow: „Alles nur nach Fahndungslage, niemals wahllos!“




Am 8. November
reden wir über
________________________

Was bleibt uns vom 9. November 1989? Mit Volkswirtschaftler Prof. Wolfgang Cezanne und Hans-Joachim Weißflog, damals Neues Forum, heute Bündnis90/Grüne

zurück...