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Festivalbeginn mit Uraufführungen
34. Musikherbst mit großer Resonanz eröffnet / Neue Werke vorgestellt

Der unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters stehende „Cottbuser Musikherbst“ ist am Montagabend in seine 34. Saison gestartet. In der gut besetzten Kammerbühne des Staatstheaters fand das Eröffnungskonzert statt, das vom „Sorbischen Kammerorchester Bautzen“ unter der bewährten und souveränen Leitung von Dieter Kempe bestritten wurde.
Traditionsgemäß stand es im Zeichen der Begegnung von zeitgenössischer und klassischer Musik, wobei die am Beginn stehende Ouvertüre „Smjertnica“ von Jurij Pilk und die abschließende 8. Sinfonie Ludwig van Beethovens sozusagen den historischen musikalischen Rahmen für die zeitgenössischen Werke des Abends bildeten.
„Smjertnica“ - zu deutsch: „Die Todesgöttin“ - ist ein Singspiel, deren Ouvertüre im spätromantischen Stil gehalten ist und einen der tragenden inhaltlichen Schwerpunkte des Festivals darstellt, nämlich die sorbische Musiktradition zu bewahren, um von ihr aus neue Werke sorbischer Komponisten zu erleben. Selbiges geschah sogleich im Anschluss mit der Uraufführung von Detlef Kobjelas „Reminiszenzen für Streicher“, das der Komponist als Rück-schau auf frühere Stücke angelegt hat. Das dreiteilige Werk begann mit einem „Allegro barbaro“, ein unüberhörbarer Verweis auf Bartoks berühmtes gleichnamiges Klavierstück. Ostinate Figuren der tiefen Streicher stützen marschmäßig anmutende Motive. Im Adagio verströmt eine breit dahinfließende Melodik feierliche Stimmung. Der abschließende Scherzoteil ließ diese sorglose Lyrik mit zuweilen widerspenstig wirkenden, weitaus weniger gefälligen Einwürfen der Violinen vergessen.
Im Jahr 2001 schuf Ulrich Pogoda für ein sorbisches Tanzprogramm des Sorbischen Nationalensembles Bautzen seinen „Sorbian Dance“. Ohne auf konkrete Tänze oder Lieder zurückzugreifen, gelang dem Komponisten eine überzeugende Adaption sorbischer Musiksprache, gewürzt mit spannungsvollen Crescendi und rhythmisch akzentuierter Lebendigkeit. Begeisternder Applaus am Schluss!
Die modernste Tonsprache aller Stücke dieses Konzertes fand Frank Petzold in seiner bereits 1989 komponierten „Kammersinfonie“, die hier ihre Uraufführung erlebte. In beinahe spartanischer Besetzung (12 Musiker), „fast nackt und ohne die schützende Klanglichkeit des Orchesters“ führt der Komponist die solistischen Instrumente auf „engstem Raum ... in den Konflikt zwischen Tonalität und Reihentechnik, Melos und angejazzten Rhythmen, klarer Metrik und frei schwebenden Klängen“ zueinander (Petzold). Hier bot sich für die Musiker die Gelegenheit, ihr solistisches Können unter Beweis zu stellen.
Nach der Pause gab es ein sehr musikantisches Klangerlebnis: Hans Hüttens „Sorbische Tänze aus der Lausitz“, die er bereits 1980/81 als sein erstes großes eigenständiges Orchesterstück geschrieben hatte. Hier bediente sich der Komponist einer an sorbischen Tänzen und Melodien orientierten Tonsprache, schwungvoll, gefällig und mit kluger, humorvoller Pointierung. Ein wirkliches Hörvergnügen. Den Abschluss bildete - zur Erinnerung an seinen diesjährigen 180. Todestag - Beethovens „Achte“, womit die stilistische Breite dieses Abends um ein klassisches Werk bereichert wurde. Den herzlichen Beifall des Publikums nahmen die Musiker auch für ihren seit vielen Jahren höchst engagierten Einsatz im Dienste der zeitgenössischen deutschen und sorbischen Musikkultur entgegen.
Dr. Bernhard Reichenbach

Dieter Kempe (Foto) dirigierte das Sorbische Kammerorchester Bautzen zum Eröffnungskonzert mit Werken aus Vergangenheit und Gegenwart. Mit herzlichem Beifall wurden die Uraufführungen des sorbischen Komponisten Detlef Kobjela und des Cottbusers Frank Petzold vom Publikum aufgenommen
Foto: Jens Haberland

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