aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Kunst, wie das Material sie will
Bildhauer und Maler Steffen Mertens: „Mein Antrieb ist die Bewegung“

Cottbus. In seinem Garten rund um sein Attelier in Klein Döbbern verstecken sich ein steinerner Torso hinter Obstbäumen, räkelt sich eine Trümmerplastik auf einem Ziegelstuhl und huscht eine gemalte Katze über die weinüberwucherte Fassade. Dahinter hat Steffen Mertens seinen Schaffensbereich. Abgeschieden von der Welt: „Da draußen passiert so viel Hektisches und Übles, man muss seine Insel der Ruhe haben, damit man davon nicht zerstört wird“, sagte er.
Als er 1986 der Liebe wegen nach Cottbus kam, hatte der 1943 geborene Rathenower schon aufregende Jahre mit Studium in Berlin-Weißensee hinter sich, mit ersten künstlerischen Erfolgen in der Friedensdekade, Ausstellungen in Kirchen und Symposien in Polen und Bulgarien. In Cottbus kennt man seit 10 Jahren
seinen „Skarabäus“, den Pillendreher vor der Landeszentralbank in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße. Ein gekonntes Beispiel für Kunst am Bau, die sich nicht unterordnete, nicht dominiert, sondern mit Bauformen ästhetisch harmoniert. Dabei ist das kopfüber krabbelnde Menschlein am Erdball nicht einmal der typische „Mertens“. Den nämlich gibt es nicht. „Meine Kunst reflektiert immer auch ein Stück ihrer Umgebung, manchmal ironisch, mal bissig, mal traurig.“
Und die schönsten Entdeckungen seiner Bildhauerarbeit kann er nur für sich allein erleben, schildert er, wenn er dem Stein seine Formen entlockt, nichts aufzwingt, sondern sorgsam herausschält, was der Stein zu geben willens ist. Konzeptionelle Technik, die ihn beeindruckte, als er sie vor Jahrzehnten bei seinem Vorbild Bildhauer Werner Stötzer entdeckte.
Unterdessen fasziniert ihn aber auch der Wechsel von hartem Stein zu weichem Papierbrei, den Mertens aus jener Landeszentralbank verarbeitete - „Bilder aus der Mark“ bezog sich dabei weniger auf die Landschaft als vielmehr auf den massenhaft vorhandenen Schreddermüll, den er zu überdimensionalen Salamis verarbeitete.
Papier blieb auch sein Thema, als Mertens 2003 in der neu eröffneten Druckzone das Material zum Thema machte. Bunte Werbebotschaften formten sich zu kunstgewordenem Informationsbrei. „...unsere scheinbare Informationsgesellschaft ist eigentlich eine der Desorientierung“, beklagt er damit wieder satirisch und stofflich bewegt. Die Schau ist noch immer dort zu sehen.
Mertens nachsinnend: „Politik ist für mich immer öfter Anlass zu künstlerischer Auseinandersetzung, aber ich will nicht in Bitternis verfallen, das ist nicht meine Art!“
Im Künstlerstammtisch im Presse-Café DoppelDeck kommen auch andere Faceten seines Lebens zur Sprache: Gelungene Innenraumgestaltungen für die Spreewelten im Bahnhof Lübbenau, Symposiumserlebnisse in der künstlerisch engagierten Spreewaldstadt und auch zwei Jahre als Theaterplastiker am Staatstheater.
Letztere habe ihn gelehrt, ganz praktische Anforderungen als künstlerische Herausforderungen anzusehen, deshalb gibt es Mertens Handschrift auch im Equidrom der Ompah-Kunst-reiter in Skadow zu erleben.
Oder auch multimedial unter www.steffen-mertens.de. GG.

Im engen Kreis des Künstlerstamtmischs geht der introvertierte Künstler Steffen Mertens (li.) aus sich heraus - mit Dr. Bernd Otto, kreativer Kopf der Ompah-Indianer, spricht er über die Ausgestaltung des Equidroms in Skadow. Auch dort war er einst hilfreich mit seinen Ideen Foto: Gabi Grube

Von Objektgestaltung bis malerei - Steffen Mertens ist vielseitig, hier schreinerte er einen Stuhl für die Einrichtung eines Künstlerhotels inm Spreewald Foto: privat

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