aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Er gab Cottbus die Musik
In Erinnerung an GMD Frank Morgenstern

Diese Woche nahmen in der Kammerbühne Familienangehörige, Musiker, Theaterkollegen, Konzertbesucher, Freunde und Bekannte Abschied von Frank Morgenstern. Der hochverehrte Dirigent ist am 7. Juli, wenige Tage vor seinem 79. Geburtstag, nach langer Krankheit gestorben. Im schwarz abgedunkelten Theaterraum hatte das Philharmonische Orchester Platz genommen. Auf dem Dirigentenplatz stand im Kerzenlicht die mit Lilien geschmückte Urne, daneben zwei große Porträts des Verstorbenen, einen Strauß weißer Rosen flankierend, der mit jeder Ehrerbietung von Weggefährten und Musikfreunden praller wurde, so dass die Vase die Blumen nicht fassen konnte und sich ein Blütenbeet ausbreitete.
Es war wie im Leben des Verstorbenen, der 1957 in die Operettenstadt Cottbus kam, wo für anspruchsvolle Musikkultur noch kaum Raum war. Als Cottbus zur Energiestadt schwoll, wuchs nicht automatisch Interesse für Oper und Konzert. Frank Morgenstern gelang es, ein Orchester zu formen, ein Repertoire aufzulegen und ein Publikum zu finden, die Höheres zuließen. Der „Rosenkavalier“ 1986 oder „Wozzeck“ 1993 waren Arbeiten, die Morgensterns Schaffen krönten. Aus dem Klangkörper mit 50 Musikern wurde ein Philharmonisches Orchester mit 82 Musikern, Frank Morgenstern stieg vom Kapellmeister zum Generalmusikdirektor auf, prägte das musikalische Cottbus und strahlte aus in die Region. Genau 100 Opern hat er mit talentierten Regisseuren erarbeitet und über 300 große Konzerte dirigiert. Auf Gastspielreisen jubelten ihm Hörer in den Ländern des Ostblocks zu. Er konnte seine Vorliebe für slawische Komponisten nicht verbergen, und im zeitgenössischen Schaffen fanden sorbische Komponisten sein starkes Interesse.
Frank Morgenstern war ein fleißiger, forscher, mitunter etwas uncharmanter Arbeiter im Orchestergraben, zugleich immer auf das Wohl des Theaters bedacht. 24 Jahre war er stellvertretender Intendant, und immer blieb er auch der Musiker nahe am Publikum, der Liederabende am Klavier begleitete oder sich Zeit nahm, mit Handwerkern oder Lehrern am „Friedensburg“-Biertisch über deren Alltagsgeschäft zu reden.
Frank Morgenstern ist im erzgebirgischen Kleinhartmannsdorf geboren, sang im Dresdener Kreuzchor und studierte ab 1947 in Leipzig. Am Theater Stralsund holte er sich die praktischen Erfahrungen, die ihn über die Jahrzehnte zum klassischen deutschen Kapellmeistertyp werden ließen, dem keiner so leicht etwas vormachte.
1994 schied er aus dem Theater aus, wurde Ehrenmitglied des Ensembles, war inzwischen mit dem Carl-Blechen-Kunstpreis geehrt worden und erhielt 1995 als erster Cottbuser die neu geschaffene Ehrenmedaille der Stadt.
Er blieb dem Dirigieren noch Jahre treu mit einer eigenen Konzertreihe an der Berliner Philharmonie. Cottbus in seiner provinzionellen Aufgeregtheit wurde ihm fremd. Verwundert stapfte er, die Hände auf dem Rücken verschränkt, um andere nicht unnötig schütteln zu müssen, durch die Wichtigkeiten eines städtischen Neujahrsempfangs Anfang der 2000er Jahre - unbeachtet. Seine Hörer waren das hier wohl nicht, spürte er. Aber sie sind noch da; sie brachten ihm zuletzt Rosen in großer Fülle. Sie vergessen ihn nicht. J.H.

Ende 1995 in Branitz während der Verleihung der Ehrenmedaille der Stadt Cottbus: GMD Frank Morgenstern und seine Frau, die Sängerin Erika Reinwald
Foto: CGA-Archiv

zurück...