aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Werner - der Bismarck für Cottbus
Vor 80 Jahren starb Paul Werner, von 1892 bis 1914 Erster Mann im Rathaus

Von Kommerzienrat Hammerschmidt, viele Jahre engster Freund und Berater Paul Werners, stammt der Ausspruch: „Was Bismarck dem Reich gewesen, war Werner für Cottbus.“ Der Vergleich deutet auf Weitsicht und Durchsetzungskraft eines Mannes, der ohne Zweifel als einer der Erfolgreichsten an der Stadtspitze in den Annalen steht.
Er war der rechte Mann zur rechten Zeit. Als Werner, geboren in Zeitz und aufgewachsen in Frankfurt/Oder, aus seiner Bürgermeisterpraxis im westfälischen Hamm 1892 nach Cottbus wechselte, hatte die „unansehnliche Stadt“ gerade 35 800 Einwohner. Aber die Textilwirtschaft war im Aufschwung, Deutschlands Gründerjahre beflügelten auch die Lausitz, und Werner verstärkte diese Impulse kräftig.
Der kleine Mann mit lichtem Haar, kurz geschnittenem weißen Vollbart, etwas hoher Stimme und dem an langer Schnur befestigten Klemmer war in souveräner Freundlichkeit Mittelpunkt jeder Gesellschaft. Er freute sich über jeden guten Witz, machte selbst gern Späße und hatte feinsten Kunstsinn. „Die Kunst ist das Erhabenste im Leben der Menschen“, formulierte der Freimaurer, der immer darauf bedacht war, sich nicht in der Enge der Provinz erdrücken zu lassen. Zahlreiche Reisen belegen sein weltoffenes Denken: Werner war während seiner Cottbuser Amtszeit in der Schweiz, mehrfach in Italien, im Riesengebirge, sachverständig geführt 1900 auf der Weltausstellung in Paris, in London, drei Monate zu Studienzwecken in Nordamerika und - vor allem zur Linderung eines Kehlkopf-leidens - immer wieder in den großen Seebädern.
Für Cottbus dachte und plante er stets in Dimensionen einer größeren Mittelstadt. So setzte er viele Projekte durch, ehe er tragfähige Mehrheiten gewinnen konnte. Immer wieder beklagte er den Undank der Cottbuser und die Zaghaftigkeit der Stadtverordneten. Wenn ihn jemand für Cottbuser Erfolge lobte, hielt er entgegen: „Ja, das habe ich aber nur dadurch schaffen können, dass ich sie mit dem Knüppel bearbeitet habe.“ Solch ein „Knüppel“ war mehrfach die Rücktrittsdrohung, falls man seinen Intentionen nicht folge.
Leidenschaftlich trat Werner für den Theaterneubau ein. Er gründete den Theaterverein, übernahm selbst den Vorsitz und ließ schließlich nicht den von Architekt Sehring gewollten Spruch „Appolini es Musis“, sondern sein „Der Deutschen Kunst“ über dem Portal des Musentempels anbringen. Tiefe Kränkung bedeutete für den patriotischen Werner ein Gerichtsprozess über mehrere Instanzen bis zum Reichsgericht wegen ungenehmigter Annahme von Geschenken für den Theaterverein. Spenden über 5000 Reichsmark mussten genehmigt sein. Werner hatte das Gesetz umgangen, wurde aber bei einer Geldstrafe von 100 Reichsmark freigesprochen.
Zahlreiche Erfolge seiner Amtszeit prägen bis heute das Gesicht der Stadt. Trotzdem schied der „Bismarck von Cottbus“ grollend aus dem Rathaus, lebte dann vergessen in seiner Stadtvilla in der nach ihm benannten Straße. Erst 13 Jahre später erkannte Oberbürgermeister Dr. Kreutz Werners Verdienste und würdigte sie öffentlich. Werner starb kinderlos am 10. Juni 1927. Cottbus hatte nun 50 139 Einwohner. Sein Grab liegt an der Nordmauer des Südfriedhofes. J.H.

Paul Werners eigenhändige Eintragung ins Ehrenbuch der Stadt Cottbus: „Am Tage meines Abgangs aus meinem Amt! Leben und Tod zusammen ist Leben. Cottbus am 31. März 1914. Werner, Oberbürgermeister“
Paul Werners eigenhändige Eintragung ins Ehrenbuch der Stadt Cottbus: „Am Tage meines Abgangs aus meinem Amt! Leben und Tod zusammen ist Leben. Cottbus am 31. März 1914. Werner, Oberbürgermeister“

 

Paul Werner (1848 - 1927) war von 1892 bis 1914 zunächst Bürgermeister, dann Oberbürgermeister (ab Februar 1894) von Cottbus

Paul Werner (1848 - 1927) war von 1892 bis 1914 zunächst Bürgermeister, dann Oberbürgermeister (ab Februar 1894) von Cottbus

Das Cottbuser Rathaus auf dem Markt um 1914, als Paul Werner aus dem Amt ging.

Das Cottbuser Rathaus auf dem Markt um 1914, als Paul Werner aus dem Amt ging.

Das Amtszimmer des Oberbürgermeisters mit Stehpult am Fenster. Aufnahme aus dem Jahre 1908

Das Amtszimmer des Oberbürgermeisters
mit Stehpult am Fenster. Aufnahme aus
dem
Jahre 1908

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