Cottbus
(h). WAS sich die Leute vor 100 oder mehr Jahren schrieben, ist
meist uninteressant; WORAUF sies taten, bewegt dagegen Heerscharen
von Sammlern. Der Cottbuser Hans Krause ist einer der Namhaften
unter ihnen, für das Thema Cottbus vielleicht gar der Champion.
Man weiß es nicht, denn so ganz kommen die Sammler nie raus
mit ihren intimsten Details. Das schürte auch die Spannung
vorm jüngsten Geschichts-Stammtisch. Hans Krause war kurzfristig
auf die Tagesordnung gekommen, und da der zwar höchst aktiv,
jedoch selten öffentlich präsent ist, zog es die Kenner
aufs Sonnendeck der WernerPASSAGE gleich neben dem Stadtmuseum.
3 600 bis 4 000 alte (vor 1945) Cottbus-Ansichtskarten hat der
Sandower Sammler in den Regalen seiner P 2-Wohnung. Manche
auch doppelt, gezählt habe ich sie zuletzt 1999. Und
nur eine ist als Kopie dabei - die Cottbuser Synagoge. Es gibt
vermutlich zehn oder mehr Ansichtskarten dieses Gebäudes,
in Cottbus aber höchstens drei oder vier Motive. Solche
Karten werden in den USA für 200 bis 500 Dollar gehandelt
- da kommt unsereins kaum ran. Trotzdem hofft Hans Krause,
seine Synagogen-Kopie irgendwann durch ein Original zu ersetzten.
Die Sammelei, einst mühsam mit Kartenkoffern auf Börsenfahrten
per Bahn betrieben, läuft heute weltweit via Internet.
Ich habe mit 60 gelernt, den Computer zu bedienen, und zwar
so, dass er mir Karten zeigt und ich anderen meine präsentieren
kann, erzählt der Sammler. Trotzdem bleibt vieles heute
schwieriger als einst. Wenn ich nur an die teuren Räume
für Börsen denke!.
In den 1980er Jahren hatten sich die Ansichtskarten-Experten unter
Leitung von Helmut Czerny zur Philokartisten-Arbeitsgemeinschaft
im Kulturbund zusammengeschlossen. Räume in Kulturhäusern
waren fortan kein Problem. Es gab auch noch große private
Bestände. Das Sammlerglück schlug häufiger zu.
Von den seltenen Paspartout-Karten tauchten gelegentlich Exemplare
auf (heute bis 200 Euro das Stück) und von den Lithos
(ca. 25 Euro) überließ mir ein Madlower Elektro-Meister
mal einen ganzen Karton.
Trotzdem: Hans Krause bleibt Suchender. Ich will nicht glauben,
dass es von Cottbuser Brauereien, vom Schlachthof und vom Knast
nie Ansichtskarten gab. Ich hab jedenfalls noch keine...
Ob sich das ändern lässt?
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Museumsdirektor
Steffen Krestin (l.)
am DoppelDeck-Geschichtsstammtisch
mit Hans Krause Foto:
hnr.
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