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Zukunftsfähig mit fünfter Fakultät
Prof. Dr. Walther Ch. Zimmerli trat diese Woche sein Präsidentenamt an der BTU Cottbus an / Von der VW-Uni in die „fast polnische“ Lausitz: „Eine höchst reizvolle Aufgabe für einen wie mich“

Cottbus (h). Seit Dienstag ist der über mehr als ein Jahr verwaiste Präsidentenstuhl der BTU besetzt: Prof. Walther Zimmerli (62) freut sich auf eine „reizvolle Aufgabe“. Die Bedenken seiner fünf Geschwister und vier Kinder, die Lausitz läge doch quasi in Polen, räumte der bekennende Schweizer ohne Zögern aus: „Wäre es so, wäre ich auch dahin gegangen.“
Er gehöre, obwohl beamtet, nicht zu den Leuten, „die ihre Tage bis zur Pension abstreichen“. Als Verehrer des Cottbuser Gründungsrektors Prof. Günter Spur, auf den er vor Jahren schon in Braunschweig traf, hält er den Job hier in Cottbus für eine glückliche Herausforderung, der er den Vorzug gab gegenüber einer geruhsamen Stellung an der Uni in Frankfurt/Main.
Die BTU mit ihren weniger klassischen und auch nicht nach Fächern, sondern nach Themen geordneten Fakultäten“ passt genau in die Lausitz“, sagt Zimmerli. Sie sei sehr bewusst auf die technischen Erfordernisse der Region konstruiert worden. Die anwendungsorientierte Grundlagenforschung dieser Uni setze auf „systemische Zusammenhänge“. „Das leuchtet schon in der Gründungsidee“, freut sich der Professor und will nun aufsatteln: „Wir brauchen eine 5. Fakultät, in der sich Geistes- und Sozialwissenschaften etablieren.“ Aber nicht „als
5. Rad am Wagen einer TU“, sondern matrixartig durchwachsend sieht er diesen Strang. „So geraten wir in die Lage, Ingenieure mit viel Wissen über Gesamtzusammenhänge und über die Kulturen der Regionen in den Arbeitsmarkt zu entlassen. „Und das sind wir als staatlich finanzierte Universität dem Steuerzahler schuldig - dass wir Absolventen nicht am Arbeitsmarkt vorbei produzieren.“ Im Übrigen verspricht sich Zimmerli durch die 5. Fakultät deutlich mehr studentischen Zulauf, sodass die Finanzierung dieser Idee kein Problem sein wird.
Durch Kooperation mit anderen Universitäten will der Neue das Profil stärken. Qualität von Forschung und Lehre sollen steigen. 2008, meint Zimmerli, könne mit Aussicht auf Erfolg ein Antrag zur Aufnahme in die Deutsche Forschungsgemeinschaft gestellt werden, „ohne die wir keine Forschungsprojekte bekommen.“
„Aber“, schränkt der Präsident ein, „Forschung ist nicht die einzige Leistung, die für Universitäten relevant ist.“ Er möchte auch für die Lehre Prämien auswerfen und im Markt der Weiterbildung punkten. „Die Signale für technisch-naturwissenschaftliche Fächer stehen äußerst günstig“ sagt er und lehnt sich am Ende seiner Pressepremiere zunächst gelassen zurück.


Ein Philosoph ist neuer Präsident der BTU. Zitat: „Wer nicht selbst an der Spitze laufen kann, sollte wenigstens, wenn er überrundet wird, eine zeitlang für den Spitzenläufer gehalten werden“

 

 


Zur Person

Prof. Dr. Dr. h.c. Walther Ch. Zimmerli
(Jg.1945) studierte Philosophie,
Germanistik und Anglistik am Yale College
und an den Universitäten Göttingen
und seiner Geburtsstadt Zürich,
wo er 1971 promovierte und sich 1978 habilitierte.
Er lehrte und forschte an Universitäten in Bamberg, Erlangen-Nürnberg, Marburg und Witten. 2002 wurde er Gründungsrektor der Auto-Uni des VW-Konzerns. Er war Ausschussvorsitzender der Deutschen Forschungsgemeinschaft und ist Mitglied des Weltrates für Ethik. Prof. Zimmerli ist verheiratet, hat vier Kinder

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