aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Lausitzer Originale (1): Der Cottbuser Postkutscher

Der Schwejk in Prag oder Eckensteher Nante von Berlin sind Originale, die jeder kennt. Ob es sie wirklich gab oder ob sie als Kunstfiguren entstanden, spielt kaum eine Rolle. Sie sind populär geworden durch mancherlei Geschichten, die sich um die Figuren ranken. Meist haben Tourismus- und andere Umsatzförderer etwas nachgeholfen. Immer häufiger stehen sie im Dienst wiederbelebter oder neu entfachter Volksfeste und Bräuche. Auch bei uns in der Lausitz. Wir spüren einige von ihnen in loser Beitragsfolge auf.

Hoch auf dem gelben Wa-ha-gen...

„Lustig ist er, aber bisschen mickrig“, sagen die Cottbuser über das peitschende Kerlchen auf zersplitterter Karosse an der Lindenpforte. Einen „preußischen Recken mit geschwellter Brust“, wie Hobby-Postkutscher Eberhard Fischer sich sein Leitbild vorstellte, verkörpert das Kunstwerk vom Angermünder Christian Uhlig nicht. In Auftrag gab es nach öffentlicher Ausschreibung der Turmverein. Vorsitzende Gisela Roschlaub findet nach einem Jahr: Die Cottbuser haben das witzige Kunstwerk liebgewonnen.“ Stadtführer Eberhard Fischer pflichtet bei: „Ich hab’ mich dran gewöhnt, und der Platz, an dem es steht, ist ideal geeignet, Cottbus-Besuchern Stadtgeschichten zu erzählen.“
Von einem historisch überlieferten Cottbuser Postkutscher kann er bei solchen Anlässen nicht berichten. Die brandenburg-preußische Stadt wurde zwar bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts von Postkutschen zur Personen- und auch Brief- und Paketbeförderung angefahren, eine überlieferte Persönlichkeit taucht aber nirgends auf. Selbst um die historische Uniform gibt es Rätselraten. Frühere Lithografien oder Aquarelle zeigen völlig unterschiedliche Aufzüge, wahrscheinlich der Phantasie der Künstler folgend.
Auch den genauen Ursprung des Zungenbrechers „Der Cottbuser Postkutscher putzt den Cottbuser Postkutschkasten“ kennt wohl niemand. Gedruckt findet er sich erstmals auf einer Ansichtskarte mit Postamt und wagenpflegendem Kutscher, der bei dieser wichtigen Arbeit nicht einmal den Zylinder abnahm.
Ab 1920 wir es dann lebhaft um den Postkutscher. Dank städtischem Verkehrsamt macht er große Karriere als Werbefigur, und immer häufiger schmückt er Produkte der Region - vom Keks über den Meldeschnaps bis zum Bier.
Gleich nach dem 2. Weltkrieg mauserte sich die Sympathiefigur zum Aufbauhelfer. Er zierte die ersten Aufbaumarken, und ab Ende der 1960er Jahre ging er als Stadtangestellter einmal wöchentlich zu fleißigen „Mach mit!“-Helfern und verschenkte seinen „Blumenstrauß der Woche“
Eberhard Fischer, der sich aus Liebe zu seiner Wahlheimat und mit viel Interesse für die Stadtgeschichte selbst zum Postkutscher ernannte, fand heraus, dass es 1955 schon einmal im Auftrage der Post einen Postkutscher namens Erich Tetzel gab. Kennt den jemand?
Seine jetzige Uniform, entworfen vom ehemaligen Theaterausstatter Jochen Vogler entworfen, trug Eberhard Fischer erstmals am 8. Juni 2002. In Zielona Gora, der polnischen Partnerstadt, ließ er sich das Tuch auf den Leib schneidern. Am liebsten würde er es gar nicht ausziehen, auch bei größter Hitze nicht, denn stadtführender Postkutscher zu sein, das ist der Traumjob des fröhlichen Ruheständlers. H.

Bernd Poredda lenkt seit Jahren seine Postkutsche zu vielerlei Anlässen durch die Stadt. Im Festzug zum 850. Cottbus-Jubiläum stieg Postkutscher Eberhard Fischer auf den Bock

Stadtführer Eberhard Fischer weiß viele Geschichten über Cottbus und manche über den Postkutscher und seine Uniform. Die Knöpfe am Ärmel, sagt er, sollen verhindern, dass sich die Amtsperson ungehörig mit kühn ausholendem Arm die Nase wischt...

Stadtführer Eberhard Fischer weiß viele Geschichten über Cottbus und manche über den Postkutscher und seine Uniform. Die Knöpfe am Ärmel, sagt er, sollen verhindern, dass sich die Amtsperson ungehörig mit kühn ausholendem Arm die Nase wischt...

Seit 2006 Bronzefigur an der Lindenpforte: Der Cottbuser Postkutscher von Christian Uhlig ist mit Müh’ und Not zerschunden ins Ziel gekommen

Seit 2006 Bronzefigur an der Lindenpforte: Der Cottbuser Postkutscher von Christian Uhlig ist mit Müh’ und Not zerschunden ins Ziel gekommen

Ein Postkutscher-Plakat von 1930, herausgegeben vom städtischen Verkehrsamt zur Tourismuswerbung

Ein Postkutscher-Plakat von 1930, herausgegeben vom städtischen Verkehrsamt zur Tourismuswerbung

Bild links: Bernd Poredda lenkt seit Jahren seine Postkutsche zu vielerlei Anlässen durch die Stadt. Im Festzug zum 850. Cottbus-Jubiläum stieg Postkutscher Eberhard Fischer auf den Bock

 

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