aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Kunst hilft Wirtschaft
Partnerschafts-Debatte in der Kunst.Fabrik

Cottbus (h). Hochkarätiges Gedränge im maroden königlich-preußischen Landratssaal in der Bahnhofstraße. Aus zerbrochenem Stuck hängt ein Stromkabel als Galgenstrick in den Raum, Sprelacartreste auf Marmor und Deckendübel lassen Modernisierungsmühen zu sozialistischem Führungsgebrauch erfühlen. Der Besucher studiert die Einladung: „EINE GESELLSCHAFT, DIE IHRE KULTUR VERLIERT, VERLIERT?SICH SELBST.“ Der Blick schweift über bröselnde Wände: ‘Aha, so ist das gemeint...’
Tragfähiges zu erdenken bleibt - ob königlich verordnet, ob klassenkämpferisch diktiert oder jetzt in breiter Beteiligung herausgearbeitet - schwer.
Kunst hilft Wirtschaft. Das ist die Umkehrung des Landläufigen. Kultur nicht als Bittsteller, sondern als Partner. Mobilisierend, Gewinn versprechend, Arbeitsplätze schaffend.
Kulturministerin Johanna Wanka referierte verwirrt am Thema vorbei, Oberbürgermeister Frank Szymanski widerrief zumindest die Diskreditierung seiner städtischen Vorgängerschaft: „Interministeriell konnten wir in Potsdam in den letzten drei Jahren viel für Cottbus erreichen, weil in Cottbus immer verlässliche Partner waren.“ Heute habe Cottbus eine exzellente Struktur in Bildung, Kunst und Kultur.
Wenn Kunst.Fabrikant Dr. Dieter Thiel und als Konzeptpartnerin die Sängerin Anne Hofmann jetzt Kunst zur Wirtschaftsoffensive ermutigen, haben sie gute Gründe: Kultur- und Kreativwirtschaft ist nach dem Bankwesen und der Autoindustrie inzwischen in Deutschland der drittstärkste Wirtschaftszweig mit heftigem Wachstum. Verlage, Architekten, Agenturen gehören dazu ebenso wie Maler, Theater oder Musikformationen.
Zum Problem öffentliche Mittel argumentierte Dr. Hinrich Enderlein, einst Kulturminister in Brandenburg: Natürlich hänge deutsche Kultur (im Gegensatz zum Beispiel zu amerikanischer) am Rockzipfel des Staates, aber: Kultur hat noch keinen öffentlichen Haushalt ruiniert; folglich können Einsparungen der Kultur auch niemals einen Haushalt sanieren.
Ermutigend für Kulturschaffende in einer Stadt mit halbherzigem Haushaltsanierungskonzept. Wenn die Cottbuser Kunst tatsächlich weniger bittsuchend durchs Land streicht und stattdessen konkrete Leistung für gutes Sponsoring bietet, wäre allen geholfen. Gutes Beispiel ist das in private Hand gegebene Osteuropäische Filmfestival, das inzwischen nicht nur dem Standort gut tut, sondern auch Arbeitsplätze sichert. Die Debatte ist eröffnet, mag Fazit des Abends der Friedrich Naumann Stiftung lauten.

Interessiert an der Krativbaustelle Kunst.Fabrik:  Berater Dr. Hinrich Enderlein (l.) und Vattenfall-Vorstand Dr. Borghorst

Interessiert an der Krativbaustelle Kunst.Fabrik:
Berater Dr. Hinrich Enderlein (l.) und
Vattenfall-Vorstand Dr. Borghorst
Foto: Hnr.
zurück...