aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Verguckt in „Hera Rind“
Landwirt Wolfram Hotzler verbindet geschickt Geschäftssinn mit Öko-
Leidenschaft / Kunella-Chef Parnitzke: Mit „Bio“ Geld verdienen ist schwer

Cottbus (gg). Milch kommt aus dem Sielower Agrarbetrieb seit zwei Jahren nicht mehr. Wolfram Hotzler musste damals 25 Leute entlassen. „Das war schmerzhaft, aber nötig, damit wir heute noch existieren“, sagt der Landwirt, der seit 1992 auf ökologische Landwirtschaft setzt und dabei trotzdem ganz wirtschaftliche Interessen im Sinne seiner heute noch 25 Angestellten verfolgen muss. Im Cottbuser Norden bestellt er über 900 Hektar Land und züchtet Uckermärker. Das Fleisch geht nach Bayern. „Wir sind froh, dass wir solche Abnehmer haben“, sagt Hotzler, der natürlich weiß, dass der Transport die ökologische Gesamtbilanz trübt. Nur weil er verlässliche Einnahmen aus Bayern hatte, konnte er hier die schwierige Vermarktung vor Ort probieren. Und die kocht auf kleiner Flamme, die mit viel Leidenschaft genährt werden muss.
Bio ins Regal
Das bestätigt auch Kunella-Chef Lothar Parnitzke: „Ich hatte eine kleine Bio-Linie Öl begonnen - aber wenn wir nicht in den großen Märkten gelistet werden, dann hat das Ganze keine Zukunft!“ Kaum zu glauben, dass sein Leinöl und seine Mayonnaisen nicht einmal einen Cent pro Flasche Gewinn abwerfen. „Es ist ein unglaublich hartes Geschäft“, schildert er seine jahrelangen Bemühungen, in die Regale zu kommen. Bei Rewe, Marktkauf und Kaufland hat er es inzwischen geschafft. Reich wird man damit aber nicht, sagt er und auch seine Messe-Tourneen nach Mexico und ins Baltikum lohnen sich nur, weil er dadurch weltweit einen Namen bekommt und wiederum die großen Ketten im Inland interessieren kann.
Contra Gentechnik
Dass sich auch Hotzler den großen Mühen und scharfen Kontrollen der Bio-Landwirtschaft unterzieht, ist mehr Leidenschaft als Gewinnstreben. „Bei uns muss das Handwerk stimmen - wir können Korrekturen nicht über Dünger und Schädlingsbekämpfung bewirken“, schildert er. Über 60 Betriebe in den Landkreisen Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz machen es so wie er. Die meisten fürchten sich vor der Salonfähigkeit des Genanbaus. „Eine Gefahr liegt im Anbau von Biomasse, denn hier sind hohe Erträge nötig und damit auch die Schwelle zur Gentechnik niedrig“, sagt Hotzler.
Unken, Ochs und Pferd
Er hält dagegen und will in den rund 92 Hektar, die ihm Vattenfall an den renaturierten Spreeauen zur Bewirtschaftung angeboten hat, Auerochsen und Tarpane ansiedeln. „Das könnte ein Gewinn auch für den Tourismus sein“, schwärmt er und holt nächste Woche die erste Auerochsenkuh nach Sielow. „Hera“ heißt sie und soll mit dem mächtigen Gehörn den Anfang machen. Tarpane, den hier früher heimisch gewesenen Wildpferden ähnliche Tiere, sollen folgen. „Das ist doch genau die Idee - nicht nur für Rotbauchunke soll ein Biotop entstehen, die Natur soll insgesamt zurückkehren!“
Der Landwirt hat sich augenscheinlich mit den umstrittenen Eingriffen in die Landschaft arrangiert. Und das auch, weil er als Unternehmer auch rechnen kann: „Ich kann nur dort meine Bioprodukte verkaufen, wo auch Geld unter den Leuten ist. der Bergbau sichert Löhne.“
Beide eint die Erkenntnis, dass für „Bio“-Idealismus zwei Dinge wichtig sind: Zahlungskräftige Nachfrage und ein Umdenken bei den Verbrauchern. „Eine Probe-Roulade aus Sielow kann da Wunder helfen“, bestätigt eine begeisterte Köchin als Gast im Doppeldeck.
Das Fleisch wird ab April wieder ab Hof verkauft.

Wolfram Hotzler und Lothar Kunella sind sich einig: mit „Bio“ Geld zu verdienen ist schwer
Wolfram Hotzler und Lothar Parnitzke sind sich einig: Mit „Bio“ Geld zu verdienen ist schwer Foto: BeWe

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Landwirt Hans Pschuskel: „Meine Kartoffeln kennen noch Humus, Mäuse und Regenwürmer und nur deshalb schmecken sie nach Heimat“

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